Hermann Pfütze
Azade Köker
»special reports« – Objekte und Installationen
Bildhauer-Foyer des Constanze-Pressehauses, Berlin-Tiergarten,
19.4. – 30.6.2000
Selten genug, aber manchmal gibt es wirklich etwas Neues in der Kunst: Einem gebräuchlichen und einfachen Material werden künstlerisch bislang ungenutzte Eigenschaften abgewonnen, so dass nicht nur mit, sondern aus ihm etwas förmlich Neues geschaffen werden kann. Azade Köker macht stabile, figürliche Plastiken aus normaler dünner und dicker Plastikfolie, die zur Verpackung und Abfallbeseitigung benutzt wird, als Frischhaltefolie, Müllsack und Abdeckplane.
An dieser gewohnten Konnotation von Plastik mit Verpackungsmüll und Müllverpackung liegt es, dass das größte Objekt der Ausstellung leicht übersehen wird, wenn man das Pressehaus in der Kurfürstenstraße betritt, in dem jahrzehntelang die westberliner Redaktionen u.a. von Stern, Zeit, Brigitte und Constanze untergebracht waren. Es ist ein vom Dach über sechs Etagen in einen Abfallcontainer fallendes Schüttrohr aus mit einander verketteten weißen Plastikeimergliedern. Der Titel “Medialer Schutt” kann in einer von Baustellen durchsetzten Stadt so verstanden werden, dass diese Installation einer Entleerung vom Dach auf die Straße tagsüber sofort in die Wahrnehmung integriert wird als etwas, dem man ausweicht ohne es sonderlich zu bemerken. Nur nachts, wenn die Eimerschlange beleuchtet ist, sind in ihr transparente Formen von Frauenkörpern zu erkennen. Es könnten Abfälle einer Foto- oder Modeaktion sein, oder eines Geschäfts zwischen Klinik und Erotik.
Jedenfalls ist es keine Baustelle, und bei genauerem Hinsehen ist das Fallrohr auch nicht aus Eimern, sondern aus eimerförmig gewickelter Plastikfolie. Azade Kökers neue Plastiken ähneln sowohl Unfallbandagen und steif gewordenen Gipshüllen als auch Strümpfen und Corsagen aus zartem Stoff. Allerdings sind…