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Ausstellungen: Darmstadt · von Sigrid Feeser · S. 359 - 360
Ausstellungen: Darmstadt , 2007

Sigrid Feeser
Baby Body

»Babies in der zeitgenössischen Kunst«
Kunsthalle Darmstadt, 14.4. – 24.6.2007

Dein Kind, das arme Schwein. Hast ihm gerade diesen entzückenden weißen Häschenanzug gekauft und schon quillt aus dem offenen Reißverschluss, was reingestopft wurde ins Bäuchlein, Schokoriegel und bunt verpackter Industriefraß, Konservendosen, Nahrungsergänzungsmittel, H-Milch. Zwanzig dieser von Erik Binder zwecks „Body Building“ vorsorglich befüllten Kinderhüllen liegen in akkurater Doppelreihe in der Kunsthalle Darmstadt auf dem Fußboden. Zwischen Anteilnahme und Häme wird die Geschichte vom Glück im Kinderwagen von sechzehn Künstlern einmal andersherum erzählt. Judith Samens Fotoarbeiten fixieren Prototypen eines prekären Mutter-Kind Verhältnisses. Geistesabwesend hantiert Mama am Küchentisch mit dem Messer, achtlos hängt ihr der Nachwuchs im Arm. Pofurche oder Brotfurche, wo ist da schon der Unterschied. Dann sehen wir eine Frau, die Milch ausgießt. Ihre über der Schüssel hängenden nackten Brüste suggerieren die Quelle der achtlos verschütteten Flüssigkeit. There is no use crying over spilt milk, sagt eine englische Redensart. Trauere dem Vergangenen nicht nach. Was aber ist das, vergangen?

Zack! schon haut Cornelius Völkers Fliegenklatsche die süßen kleinen Putti platt. Farbblut spritzt aus zermatschten Mäulchen aufs Schachbrettmuster. Mit den himmlischen Kleinkindern wird ein vom menschlichen Kitschbedürfnis geheiligtes kunstgeschichtliches Motiv entsorgt. Wir denken an Raffaels Engelchen und alle die speckigen Assistenzfiguren in barocken Kirchen und wie sie am Ende aus dem jubelselig dekorierten Himmel der Künste in die Niederungen der Glanzbildchen-Produktion und des Pralinenschachtel-Dekors herabgesunken sind. Für Andrea Bender genügt ein Pickel, um daraus eine fettig gemalte Hohn- und Spottkreatur hervorzuquetschen. Unbehagen…



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