Christo: Das Testament
Über die Verhüllung des Arc de Triomphe 18. September bis 3. Oktober 2021
Das letzte Gespräch mit dem Künstler von Heinz-Norbert Jocks
Am 19.Februar 2020, kurz vor Ausbruch der Pandemie in New York sprach Christo, der 1935 in Gabrowa geborene Verhüllungszauberer noch immer in liebenswerter Wir-Form von Jeanne-Claude, seiner langjährigen Lebensbegleiterin und künstlerischen Mitstreiterin. So, als sei sie trotz ihres Todes vor elf Jahren nach wie vor an seiner Seite. Mit dem sprühenden Elan eines ewig Junggebliebenen erzählte der damals 84-jährige, der am 31.Mai letzten Jahres, zwei Wochen vor seinem 85.Geburtstag, verstarb, in seinem Haus in Manhattan, wie es zu der wegen der Corona-Krise verschobenen Verhüllung des Arc de Triomphe und der im letzten Jahr sozusagen als Vorbote des neuen und letzten Projektes eröffneten Ausstellung „Christo et Jeanne Claude. Paris!“ im Centre Pompidou gekommen ist. Angesichts des langen Schlauchs, den er hinter sich herzog und durch den er mit Sauerstoff versorgt wurde, kündigte sich an, dass das Pariser Projekt seine letzte Hinterlassenschaft, sein Testament sein würde. Er schien zu ahnen, dass er die Realisierung, wenn überhaupt, nur aus der Ferne miterleben würde. Alles war bis ins Detail von ihm so vorbereitet worden, dass es seiner Anwesenheit vor Ort nicht bedurfte. Zudem drängte die Zeit, die er nutzte, Zeichnungen zur Finanzierung des Projekts zu schaffen. Dass es mit ihm zu Ende gehen könnte, daran dachte er wohl nicht. Er vermittelte den Eindruck, als sei noch nichts verloren und alles noch am Anfang. Aus den zwanzig Minuten, die er seinem…