Berlin
Die Kunst der Gesellschaft
Neue Nationalgalerie 22.08.2021 – 02.07.2023
von Claudia Wahjudi
Wie unterschiedlich sich auf Kunst blicken lässt, vergegenwärtigt ein Schritt vom Garten der Neuen Nationalgalerie ins Gebäude. Draußen im Sonnenlicht, neben Silberahornen und Gleditschien, glänzen Skulpturen aus Stein und Metall. Eine hohe Mauer schirmt Bäume, Figuren und Abstraktionen vom lärmenden Berlin ab. Der Ausstellungsort, ein Refugium: So hat sich Ludwig Mies van der Rohe diesen Garten gedacht, als er das Museum zwischen 1965 und 1968 in West-Berlin schuf. Doch wer durch eine der Glastüren das Haus betritt, sieht sich mit Europas großen Krisen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konfrontiert. An Gemälden und Skulpturen von Max Ernst vorbei geht es geradewegs zur Armut von Otto Nagels „Mutter mit Kind“ (1929) und nach links mit Max Beckmanns „Geburt“ und Tod“ (beide 1938) auf die Flucht vor den Nationalsozialisten ins Exil. Kunst ist kein Refugium, behauptet die Ende August eröffnete Dauerschau in der sanierten Neuen Nationalgalerie, sondern untrennbar mit ihrer Zeit verbunden.
Sechs Jahre währte die akribische Überarbeitung von Mies van der Rohes ikonischem Bauwerk durch David Chipperfield Architects, die von den Granitplatten der Terrasse bis zum Brauneichenfurnier der Garderobe „as much Mies as possible“ (Chipperfield) belassen hat. Derweil arbeitete das Team der Neuen Nationalgalerie die vereinten Bestände des ehemals geteilten Museums für die neue Sammlungspräsentation auf. Einen Ausschnitt der Ergebnisse präsentieren Dieter Scholz, Irina Hiebert Grun und Museumsleiter Joachim Jäger jetzt zwei Jahre lang unter dem Niklas Luhmanns gleichnamigen Buch entlehnten Titel „Die Kunst der Gesellschaft“: 250 Werke aus den Jahren…