Martin Blättner
Das goldene Zeitalter
»Die Geschichte des Goldes vom Mittelalter zur Gegenwart«
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart,22.11.1991 – 9.2.1992
Darum rate ich dir, bei mir Gold zu erwerben, das im Feuer geläutert ist, damit du wieder reich werdest.
(Apokalypse, Kapitel 3, Vers 18)
Schon im Vorraum irritiert ein perfekt nachgestellter Messestand mit minimalem Einrichtungsmobiliar und einer Anzeigentafel. Nur zum Schein animieren edel glänzende Lettern zum GOLD ANKAUF. Wer sich da falsche Hoffnungen macht und glaubt, er könne in dieser Wechselstube etwa seine (Rolex-)Armbanduhr in bare Münzen umtauschen, sieht sich arg getäuscht, denn diese vermeintliche Nische kommerzieller Kommunikation entpuppt sich als ein personell unbesetztes Environment – 1989 von Guillaume Bijl offenbar mit sarkastischem Hintergedanken zur Gier nach Gold geschaffen. Die gut plazierte Besucherfalle im Württembergischen Kunstverein bildete quasi den Auftakt für ein kurios inszeniertes und mit derlei Sonderbarkeiten reich bestücktes Wunderkabinett – mit allem, was glänzt und aus gediegenem Gold (oder meist halt doch nur mit Goldlack oder -bronze besprüht oder mit -farbe bemalt) ist. Die Pyramide bedeutungsvoller Sinnschichten und qualitativer Niveaustufen zwischen “Hochkunst und Gebrauchskultur” (Tilman Osterwold) wurde erfolgreich eingeebnet – wohl mit der gutgemeinten Absicht, strenge Kategorien der Moderne sowohl mit historischen als auch zeitgenössischen Objekten profaner und sakraler Kunst zu unterlaufen. Zwangsläufig muß eine derart im Geiste der Popkultur und seiner lernfähigen Adepten schwelgende Strategie – die sich ausschließlich dem überaus heiklen Motiv der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Gold und seiner kulturellen Ambivalenzen verpflichtet – in die Gefahrenzone zwar ironisch gebrochener, dennoch oft im Kitsch badender Geisterbahneffekte trivial durchsetzter Nippsachen geraten….