Ein Ausruf, ein leidenschaftlicher Schrei für die Kunst
Ein Gespräch mit Christine Macel, der künstlerischen Leiterin der 57. Biennale Venedig 2017
von Heinz-Norbert Jocks
Nach dem Nigerianer Okwui Enwezor, der 2005 die internationale Kunstwelt nach Venedig lockte, wird in diesem Jahr die 1969 geborene Pariserin Christine Macel die älteste aller Biennalen leiten. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte arbeitete sie von 1995 an als Kuratorin für die „Délégation aux Arts Plastiques“ des französischen Kulturministeriums. Seit 2000 ist sie als Chefkuratorin des Pariser Musée national d’art moderne, des Centre Pompidou für die von ihr gegründeten Abteilung „Création contemporaine et prospective“ verantwortlich. 2013 war sie Kuratorin des französischen Pavillons in Venedig, wo sie im deutschen Pavillon Anri Sala zeigte, und bereits 2007 Kuratorin des belgischen Pavillons, in dem sie Eric Duyckaerts präsentierte. Mit Christine Macel fiel in Venedig erst zum vierten Mal seit 1895 die Wahl auf eine Frau für die Biennale-Leitung der 57. Ausgabe.
Einen Namen machte sie sich mit Ausstellungen von Sophie Calle, Philippe Parreno, John Bock und Gabriel Orozco. Während sie von Parreno nur einen einzigen Film, auf 70mm gedreht, aufwendig im Ausstellungsraum mit sichtbarem Projektor vorführte, begnügte sie sich im Fall des Mexikaners Orozco mit der Präsentation einiger Objekte, die sie wie Reliquien auf Arbeitstischen ausbreitete. Dass sie die kritisch-politische Linie ihres Vorgängers fortsetzt, der von der Kritik nicht viel Lob erntete, ist nicht zu erwarten. Eher sieht sie die Biennale als ein Fest für und mit den Künstlern. In deren Universen will sie das Publikum einen Blick werfen lassen. Denn nur…