Hans-Dieter Fronz
Elger Esser
»zeitigen«
Kunsthall, Karlsruhe, 20.2. – 9.7.2016
Es schäumt ganz gewaltig im Roten Saal der Kunsthalle Karlsruhe. Den Besucher der Ausstellung von Elger Esser empfangen fünf mannshohe Querformate, fotografische Küstenlandschaften in Frankreich, versetzt gestaffelt in den lang gestreckten hohen Raum gestellt. Die See in Aufruhr, mächtige Wellen und meterhohe Gischt türmen sich vor den Ufermauern oder toben in den Klippen. Stark vergrößert sind es historische Postkartenmotive aus der Zeit der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert. Die entfesselte Naturgewalt – fotografisch gebändigt und als C-Print in den DiaSec-Käfig gesperrt. Was dem Naturerleben des 18. und 19. Jahrhunderts die Erfahrung von Erhabenheit war, in Elger Essers Aufnahmen ist es sublimiert zu ästhetischer Anschauung.
Kein bisschen ist, das wird gleich zu Beginn der Schau deutlich, Naturillusion das Ziel. Die Aufnahmen sind das Gegenteil von gestochen scharf. Tritt man nah an die Großformate heran, löst sich die Szenerie von Wasser und Küste in informelle Schlieren auf. In der ästhetischen Anmutung, der Intermedialität und Artifizialität, die die Motive fast in den Hintergrund treten lassen, sind die Aufnahmen eher eine Apotheose des Mediums selbst, das sie hervorbrachte.
Mehr noch: Indem die C-Prints gleich Gemälden auf riesigen, eigens zu diesem Zweck angefertigten Staffeleien platziert sind, gerieren und inszenieren sie sich gewissermaßen als Malerei. Es geht nicht um die bloße Abbildung von Natur, vielmehr um Bildkomposition, auktoriale Gestaltung, die Erzeugung von Stimmung und Atmosphäre. Auch die pittoresken Motive – Naturdenkmäler, Ruinen, Viadukte Segelschiffe, Topoi der Landschafts- und Vedutenmalerei – weisen in diese Richtung.
Geboten wird ein Querschnitt von Essers…