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Ausstellungen: Berlin · von Jutta Schenk-Sorge · S. 312 - 313
Ausstellungen: Berlin , 2000

Jutta Schenk-Sorge
Haim Steinbach

»North East South West«
Neuer Berliner Kunstverein, 13.5. – 25.6.2000

So wenig man darauf erpicht ist, die Urlaubsdias des Nachbarn zu sehen, so wenig interessiert einen im Allgemeinen der Nippes in fremden Wohnzimmern. Ganz anders sieht das allerdings der amerikanische Künstler Haim Steinbach. Entgegen der landläufigen Meinung hält er Gegenstände auch keineswegs für tote Objekte, sondern für äußerst lebendig und beredt. Steinbach ist seit Jahren der “Psychologie der Dinge” auf der Spur und, wie seine erste größere Solo-Ausstellung in Deutschland beweist, nicht ohne Erfolg. Das Ergebnis seiner Feldforschungen bei Besuchen in einem Dutzend Haushalte in Ost und West lässt sich jetzt in Berlin besichtigen. Denn für die Ausstellung entlieh der Künstler, was ihm in Vitrinen, auf Regalen, Schränkchen und Tischchen begegnete. Diese Kollektionen aus Liebhaberstücken übernahm er in ihrer Originalaufstellung, in der sich die sehr persönlichen Auswahlkriterien und individuellen Ordnungssysteme widerspiegeln. Da stehen dann Zwillings-Teekannen in Schneckenform, eine afrikanische Skulptur, Porzellandosen und ein gefalteter Papierhut zusammen und machen den Betrachter ratlos angesichts des Sammelsuriums. Erst die dazugehörigen Videos geben den Dingen ihr Leben und selbst eine gewisse Aura und Poesie zurück. Denn die Ensembles erzählen recht unverhüllt von starken Gefühlen und Wünschen, die wohl nicht nur diese Einzelnen bewegen. Die Videos führen die Objekte an ihrem ursprünglichen Ort in den Wohnungen vor. Ihre Besitzer, man vernimmt nur die Stimme, berichten von ihrer Geschichte und Bedeutung und allem, was sich damit verbindet. Die Menschen selbst bleiben unsichtbar, die Objekte entwerfen ja ihr Bild. Da erklärt ein Manager zu seiner…



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von Jutta Schenk-Sorge

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