Ulf Poschardt
Hip-Hop-Kultur
DJ-Culture ist bis auf den schwarzen Nationalismus des Hip-Hop parteipolitisch weitgehend ungebunden und steht für eine neue Form des Widerstands. Als Ausdrucksform von Minderheiten und Ghettos arbeitete Hip-Hop zu Beginn wenig mit einem vordergründigen Realismus. Da das Publikum insgesamt aus Mit-Marginalisierten bestand, wäre ein Realismus, der auf der semantischen und erzählerischen Ebene vom Elend der Unterdrückung berichtete, redundant gewesen. Hip-Hop als Ganzes war Produkt der Ghettowirklichkeit und wollte zunächst nicht Wirklichkeit widerspiegeln, sondern Wirklichkeit verändern. Und zwar die Wirklichkeit, in der Hip-Hop entstanden ist. Es ging darum, einen Raum zu erobern, in dem die Angehörigen von Minderheiten und der Ghettos ungestört und frei leben, Musik hören und tanzen konnten. Die Mikropolitik der Subkulturen war nicht an utopische Versprechungen und Weltveränderungen interessiert, sondern wollte die kleinsten Nischen zur Selbstbestimmung nutzen und gestalten.
Bis 1979 war Hip-Hop eine lokale Kulturform, die außerhalb der Bronx so gut wie unbeachtet blieb. In der Bronx jedoch hatte sich die Hip-Hop-Kultur mit Deejayen, Rappen, Graffiti-Sprayen und Breakdancing im Lauf der vorangegangenen vier Jahre schnell und stark entwickelt. In einem Nebenraum der allgemeinen Kulturgeschichte konnte sich über ein halbes Jahrzehnt eine autarke schwarze Kultur entwickeln, ohne von der weißen geistigen Hegemonialmacht behelligt zu werden. Abseits der “anonymen Ideologie” (Barthes) einer bourgeoisen Gesellschaft, die alle Konsumenten dieser Ideologie dazu nötigt, die tradierten Kulturformen dieser Gesellschaft zu wahren und zu benutzen. So gut wie nichts im alltäglichen Leben der Bronx war der Vorstellung verpflichtet, die die Bourgeoisie sich und den anderen “von den Beziehungen des Menschen zur Welt”1…