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Ausstellungen: Wolfsburg · von Ronald Berg · S. 313 - 314
Ausstellungen: Wolfsburg , 2008

Ronald Berg
Japan und der Westen

»Die erfüllte Leere«
Kunstmuseum Wolfsburg, 22.9.2007 – 13.1.2008

Als Bauhaus-Gründer Walter Gropius 1954 das erste Mal in Japan weilte, schickte er Le Corbusier, seinem Freund und Mitstreiter in Sachen Moderne, aus Kyoto eine Bildpostkarte. Auf der Rückseite der Ansicht des Steingartens im Ryoanji-Tempel war zu lesen: “Lieber Corbu, alles wofür wir gekämpft haben, hat seine Parallelen in der alt-japanischen Kultur. Dieser Steingarten von Zen-Mönchen im 13. Jahrhundert – Steine und gerechter weißer Kies – könnte von Arp oder Brâncusi sein”. Gropius zeigt sich also von der Begegnung mit japanischer Kunst und Kultur wirklich überrascht. Dabei hielt man Einflüsse der japanischen Tradition auf Gropius’ früheres Werk für ausgemacht, etwa beim Haus Sommerfeld von 1921, das dem Schatzhaus des Tôdaiji-Tempels, dem Shôsô-in, in Nara so verblüffend ähnelt, oder beim Dessauer Bauhaus, dessen gläserne Vorhangfassade von der Sprossengliederung der papierbezogenen Trennwänden japanischen Wohnhäusern, den shoji, inspiriert scheint.

Doch offenbar war die Kenntnis des Japanischen bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg im Westen nur äußerst rudimentär. Zwar gelangten schon Mitte des 19. Jahrhunderts bunte japanische Holzschnitte in den Westen und die flächige und ornamentale Graphik wurde als Japonismus bis zum Jugendstil zur Mode, aber eine tiefere Einsicht in das ferne, bis 1854 für Ausländer verschlossene Land fehlte.

Wenn die vom seinem Direktor Markus Brüderlin konzipierte Ausstellung des Kunstmuseum Wolfsburg nun eine Wesensverwandtschaft zwischen der modernen Kunst und der japanische Kultur entdeckt, gründet das im Kern auf der Idee einer “ästhetischen Leere”. Tatsächlich finden sich in puncto Schlichtheit und Reduktion formale…



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