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Magazin · von Claudia Wahjudi · S. 477
Magazin , 1999

Nächster Versuch

material vom migros museum zürich

Es war eine glatte Bruchlandung. Dabei herrschten beim Start Bedingungen, von der andere Zeitschriftenmacher nur träumen: material, herausgegeben vom migros museum für gegenwartskunst in Zürich, erscheint bis 2003 zweimal jährlich mit 10.000 Exemplaren, finanziert von Anzeigen und mit dem Geld jener Supermarktkette, die dem Museum seinen Namen gab. Doch den Start im April verschenkte material großzügig. Dabei hätten die Fotos etwa die Aufnahme von Douglas Gordons “Tattoo (for reflection)” oder Leo Erkens Portrait von Mashekwa Langa in dem ruhigen Schwarzweiß-Layout durchaus ein Statement sein können: für eine Pause in der Bilderflut und gegen Fotografie als Ersatz für Tafelmalerei. Doch material verzichtete auf jedes Statement. Die Fotostrecken widersprachen der hippen Ästhetik der Anzeigenkunden und vor allem den beliebig eingestreuten Texten: dem Protokoll einer Talkshow mit der Hellseherin Uriella, den coolen Hinweisen der Autoren auf ihre Lieblingslokale oder dem Aufmacher, einer kurzen Erzählung über einen fehlgeschlagenen Wohnungskauf, die nicht dadurch interessanter wird, dass die Krimischriftstellerin Donna Leon sie schrieb. Nummer eins war ein Fehlschlag, gibt die Redaktion dann auch zu und gelobt Besserung. Für die zweite Nummer, die im November erscheinen soll, sind mehr Kunstbeiträge geplant, ein Insert von Elke Krystufek oder ein Loblied auf das Lounging, dazu Mode, Fußball und “Genderpolitics”. Eine Kurskorrektur, die Sicherheit im Trend verspricht, ein Ziel aber ist noch nicht zu sehen. Vom ersten Chefredakteur jedenfalls hat sich das Team bereits getrennt.

Claudia Wahjudi

Material, herausgegeben vom migros museum, Zürich, 14 DM, Vertrieb in Deutschland und Österreich über Vice Versa, Berlin.

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