JENS RÖNNAU
Portrait ohne Antlitz
Abastrakte Strategien in der Bildniskunst
Kunsthalle zu Kiel, 24.7. – 17.10.2004
Wenn die Kunsttheorie Erscheinungen und Zusammenhänge gut erkannt und beschrieben zu haben meint oder diese gar festgeschrieben hat – so ist die Rechnung oft ohne den Wirt gemacht. Denn wer sollte sich dadurch mehr herausgefordert fühlen als gerade ein Künstler, der sich stets seine eigenen und neuen Wege sucht. Noch krasser tritt jene Diskrepanz zutage, wenn wider besseren Wissens etwas konstatiert wird. So weist Uwe Fleckner in seinem Aufsatz zur Kieler Portrait-Ausstellung auf eine entsprechende Feststellung Rudolf Preimesbergers hin, der 1999 anlässlich einer Berliner Portrait-Ausstellung schreibt: “Für das Portrait ist die Konzentration auf das Gesicht bekanntlich eine Grundbedingung und zu einer die Gattung konstituierenden Tatsache geworden: Das gesichtslose Portrait gibt es nicht. … Wird es versucht, so stürzt es seinen Erzeuger wie seinen Interpreten in eine Reihe philosophischer und ästhetischer Dilemmata”.
Preimesberger scheint hier sämtliche gelungenen Ansätze andersartiger Portraitlösungen des 20. Jahrhunderts vom reinen realistischen Abbildungsversuch abkoppeln zu wollen zugunsten einer fotoähnlichen Wiedergabe. Doch auch realistisch erscheinend gemalte Portraits geben selbstverständlich nie exakt das wieder, was sie darstellen. Aufgrund dieser Tatsche ist es also kaum verwunderlich, dass Künstler längst zu anderen Lösungen der Darstellung eines Menschen gefunden haben. Schon Arcimboldi hat das im 16. Jahrhundert vorgemacht. Erst recht die Abstraktionstendenzen in der Kunst des 20. Jahrhunderts eröffneten hier reichhaltige Wege – zwei Jahrzehnte, nachdem Jacob Burckhardt den Tod des Portraits diagnostiziert hatte.
Den Menschen darstellen, ohne ihn im klassischen Sinne abzubilden – diesem Thema geht die Ausstellung “Portrait…