Anri Sala
Im Einklang mit dem Bruch
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Anri Sala, 1974 in Tirana, Albanien geboren, vor allem als Videokünstler bekannt, der 2013 Frankreich auf der 55. Biennale in Venedig repräsentierte, studierte von 1992 bis 1996 an der Albanischen Kunstakademie. Danach Studien im Fach Video an der École Superérieure Nationale des Arts Décoratifs in Paris und schließlich im Bereich Filmregie am Le Fresnoy-Studio National des Arts Contemporains im französischen Tourcoing. Wiederholt setzt er sich mit Fragen der Zeitlichkeit und unseren Erfahrungen des Raums auseinander. So auch nach seinem venezianischen Auftritt im Haus der Kunst in München, wo er seine Erkundigung musikalischer Kompositionen unter den dortigen architektonischen Bedingungen mit der mehrkanaligen Sound- und Videoinstallation „The Present Moment“ weiter intensivierte. Dort vertiefte er sich in das Genre der Kammermusik am Beispiel der „Verklärten Nacht“ von Arnold Schönberg und ließ sich dabei von der Frage nach der Jetzt-Zeit in einer an Konzepte von Zeitlichkeit und Vergänglichkeit gebundenen Kunstform leiten. Zu den Fragen, die Sala interessieren, gehören: Wie ist es möglich, das „Jetzt“ in der Musik zu denken? Vermittelt der Sound eine Erfahrung von Gegenwärtigkeit? Heinz-Norbert Jocks traf den Künstler in Paris auf der Rue Tiquetonne und sprach mit ihm über das Unterwegssein sowie darüber, was Raum und Zeit ihm bedeuten.
Heinz-Norbert Jocks: Wir treffen uns hier in Paris, aber du lebst seit geraumer Zeit in Berlin. Warum?
Anri Sala: Vorher verbrachte ich fast neun Jahre in Frankreich. Nach meinem Studium bekam ich eine Einladung vom DAAD, was mir entgegenkam, insofern mir der Gedanke gefiel, mich…