Michael Stoeber
Sarah Moon
»Now and Then«
Deichtorhallen Hamburg, 27.11.2015 – 21.02.2016
Als „Königin der Unschärfe“ hat eine Rezensentin Sarah Moon bezeichnet, nachdem sie ihre retrospektive Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen gesehen hatte. Auch wenn das griffige Etikett als Kompliment für die Manier der Verfertigung ihrer Werke gemeint war, hört und liest es die Fotokünstlerin zu Recht nicht gerne. Nicht allein, weil es anscheinend das Erste (und leider oft schon das Letzte) ist, was vielen Kritikern zu ihren Bildern einfällt, sondern auch, weil es ganz einfach nicht stimmt. Für Moon klingt Unschärfe wie ein Aufnahmefehler. Sie arbeitet aber als Fotografin nicht mit Fokusunschärfen, sondern häufig nur mit langen Belichtungszeiten. Dann kommt es, zumal wenn es bei Außenaufnahmen windig ist, zu Bewegungsunschärfen, die Moon nicht unlieb sind, weil sie mithelfen, eine Stimmung des Unwirklichen, Flüchtigen und Ephemeren zu evozieren, an der ihr für ihre Bilder gelegen ist. In einem bei Thames & Hudson erschienenen Buch ihrer Fotografien schreibt Moon im Vorwort: „ I’ve always known that I haven’t seen anything until I have seen beyond appearances. And I’ve always known that I have to close my eyes before opening them.“ Das schöne Bild des Augenschließens als Prolog, um zum wahren Akt des Sehens vorzustoßen, erinnert an die Praxis der Mystiker, die ihre Augen vor der Welt verschließen, um sie am Ende deutlicher zu erkennen. Und Moons Erklärung, mit ihrer Fotografie nicht am Schein der Dinge kleben, sondern mit platonischem Impetus zu ihrem wie auch immer gearteten Sein vordringen zu wollen, bezeugt ihre Absicht,…