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Titel: Das Brennende Bild · von Helmut Draxler · S. 95 - 106
Titel: Das Brennende Bild , 1987

B. Yves Klein, Pneuma und Markt

Mit Yves Klein ( 1928-62) betreten wir eine auf den ersten Blick völlig verwandelte Welt. Das Europa am Ende der 50er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hatte ein heroischer Optimismus erfaßt; wie im Rausch wurde versucht, die unmittelbare Vergangenheit zu verdrängen. Die Zukunft hingegen winkte verheißungsvoll: sie sollte der technischen wie wirtschaftlichen Unterwerfung und Versöhnung der Welt gehören. Weltraumtechnologie und Wirtschaftswunder gingen Hand in Hand, Design hieß die blühende, nunmehr industriell angewandte Kunst; ihr entsprechend hatte auch eine »reine« abstrakte Kunst, als von allen und niemandem verstandene, bereits etwas akademische »Weltsprache« mächtigen Aufwind.

Theologischer Tiefsinn, Erlösungs- und jenseitige Heilserwartung schienen ein für allemal ausgerottet zu sein, war doch der Mythos in seiner schrecklichsten Form, in Volkstümelei und Führerkult, eben erst überwunden worden und dessen trübe, existentialistische Nachwehen verebbten.

Die neue Idolatrie des Starkults wurde hingegen aus Amerika importiert: mit James Dean, Elvis Presley und Marilyn Monroe.

Nichts möchte also unvergleichlicher sein als das offene Universum, über das zu herrschen Yves Klein sich anschickte, und die extrem verschlossene spiritistisch-wahnhafte Rumpelkammer des William Blake. Und doch: beiden gemeinsam war einmal die höchst individuelle, mystisch-transzendente Erfahrungsfülle, auf die sie Anspruch erhoben – auch Yves Klein ist ohne okkulte Triebfedern nicht zu denken -, sodann der Charakter der Auserwähltheit, ein missionarischer Zug, dieselben Obsessionen für die Elemente, insbesondere für das Feuer; gemeinsam, wenn auch gänzlich verschieden in der Lösung, waren auch die Probleme, die sich aus dem pneumatischen Ansinnen für die jenseitige Umwelt ergaben.

Im Jahre 1953 errang Yves Klein in Japan einen Schwarzen…

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