Helmut Draxler
Brigitte Kowanz
An den Rändern des Kraters
geboren 1957 in Wien
Zwischen Tiefen und Oberflächen ist die Kunst von Brigitte Kowanz ständig in Bewegung: als Fenster, Auge oder Vorhang, Ein- oder Durchblick, als opake oder luzide Bildhaut über einem nächtigen, geheimnisvollen Inneren. Dieses tut sich entweder als labyrinthisches Raumgefüge kund oder aber als “schwarze Sonne”, Explosionszentrum, von dem aus alles Malmaterial nach oben geworfen wird: das “dripping”, die Goldlinie und der Kathodenschnee, die schummernde Wolkenfarbe, das Quellende und der Ekel. Alles Elemente moderner Malerei, die sich freilich dem puren analytischen Zugriff entziehen und rückbezogen bleiben auf Existentialien und Lebensform.
Bereits aus Kowanz’ Herkunft von der Hochschule für angewandte Kunst wird ihre Ablehnung traditioneller Spartenklischees deutlich. Sie ist wechselweise Malerin, Objekt-, Foto-, Video- und Installationskünstlerin, gelegentlich auch bedacht auf Worte. Auflösung der Massen und Prägnanz der Formen, Dehnung und Verdichtung, Raumöffnung und Bildverschluß bestimmen den kontinuierlichen Rhythmus ihres Werks, das von 1979 bis 1984 der Gemeinschaftsarbeit mit Franz Graf entsprungen ist und sich seither weiter konzentriert hat.
Die analytische Ebene wird von einem zentralen Fragenkomplex gespeist: Wann wird ein Material zum Zeichen und ein Zeichen zum Bild? Wann verdickt sich das Bild zum Objekt? Wie bestehen Bild und Objekt mit ihrem eigenen oder gegen ihr eigenes Licht und dasjenige des Raumes? Wann dominiert der Raum, und wann regredieren die Bild-Objekte zu Zeichen, Signalen und Materialien? Ein Stück Seife gebärdet sich als Iris, Lid, Schatten, Auge und fällt wieder zurück. Der dunkle vielsinnige Schlitz verdankt sich dem Nebeneinander von Brettern. Vorgänge dieser Art Weiß- und…