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Titel: Der gerissene Faden · von Susanne Titz · S. 252 - 253
Titel: Der gerissene Faden , 2001

SUSANNE TITZ
Das Ende des 20. Jahrhunderts

Betrachtungen zur Malerei von Anne Berning

Es gilt, die Perspektive der Betrachter zu betrachten. Diese sehen Gemälde vereinzelt im Raum positioniert, einige Gemälde an der Wand lehnend, einen Tisch mit weiteren, sehen diese Gemälde eben nicht an der Wand, sondern auf einem Tisch liegen und werden nach Begründungen suchen. Man sollte die Perspektive eines neuen Jahrhunderts ansprechen, denn es ist offensichtlich, dass dieses Bewusstsein eine Möglichkeit bietet, auch rückwirkend näher an Bernings Form von Malerei zu dringen. Es ist schwierig, sich aus dem 20. Jahrhundert zu verabschieden – sind wir da wirklich raus, gilt jetzt eine andere Zeitrechnung, gelten andere Begriffe, andere Regeln?

In den Arbeiten von Berning geht es um Malereigeschichte und ihre Position ist eine der Distanz, eine bewusst wahrgenommene Veränderung künstlerischen Handelns, die sich zu einem künstlerischen Imperativ entwickelt hat und von dort aus auf die Betrachtung hinwirkt. Die Geschichte dieser Distanznahme begann in den 80er Jahren und liegt bei Berning ähnlich wie bei vielen anderen Künstlern ihrer Generation: seither ist die Funktion des visuellen Zitats und des wiederaufgenommenen Bilds präsent, werden Motive und Gesten eingesetzt, deren neuerliche Existenz eine neuartige Ikonographie eröffnet hat. In dieser Ikonographie zeigt sich “das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit”; das gleichnamige Buch von Walter Benjamin ist zu einem freien bildnerischen Diskurs entwickelt. Die Betrachtung kreist nunmehr um Intentions-, Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte(n), um Phänomene künstlerischer Selbstpositionierung und deren öffentliche Wahrnehmung, um deren Resonanz und mediale Verbreitung. Es ist ein analytischer, den aktuellen Status der Kunst reflektierender Diskurs,…


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