Rainer Unruh
Das Schwarze Quadrat: Hommage an Malewitsch
Hamburger Kunsthalle, 23.3. – 10.6.2007
Das Werk, das alle Blicke auf sich zieht, steht nicht in der Kunsthalle, sondern daneben. Zwischen dem Altbau und der Galerie der Gegenwart erhebt sich ein vierzehn Meter hoher schwarzer Kubus. Ursprünglich für die Biennale in Venedig konzipiert und dort wegen der Ähnlichkeit mit der Kaaba aus Angst vor muslimischen Protesten abgelehnt, hat Gregor Schneider seine mit Stoff umspannte Gerüstkonstruktion nun in Hamburg errichtet. Die unmittelbare Nähe zu dem weißen Würfel des Architekten O. M. Ungers, in dem die Gegenwartskunst gezeigt wird, schlägt die Brücke zur Moderne. Zugleich erscheint das Werk wie ein Relikt aus einer fernen Zeit, in der Kunst und Religion noch untrennbar verknüpft waren. Schneiders „Cube Hamburg“ verweigert die Entscheidung zwischen dem Erhabenen und dem Profanen. Er steht einfach da: schwarz, samtig, schwer, in jeder Beziehung undurchschaubar und von einer physischen Präsenz, die dazu führt, dass Besucher in seiner Nähe unwillkürlich die Stimme senken.
Es spricht einiges dafür, dass Kasimir Malewitsch entgegen einer verbreiteten Lesart, für die Autoren wie Werner Haftmann, Barbara Rose und Boris Groys einstehen, gerade keinen absoluten Bruch mit der Tradition und das Ende der Kunst als Herstellung von materiellen Objekten anstrebte. Graham Bader macht in seinem Katalogessay darauf aufmerksam, dass das Schwarze Quadrat streng genommen weder quadratisch noch schwarz ist. Die Form ist unregelmäßig, und zwischen den Rissen der Oberflächen schimmert es violett, gelb und blau. In dieser Perspektive erscheint auch die Tatsache in einem neuen Licht, dass Malewitsch 1915 sein Bild in…