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Ausstellungen: Frankfurt a.M. · von Michael Hübl · S. 328 - 333
Ausstellungen: Frankfurt a.M. , 2003

MICHAEL HÜBL
deutschemalereizweitausenddrei

Frankfurter Kunstverein, 15.1. – 13.4.2003

Die Malerei boomt und gibt sich konzeptuell. Während in der Frankfurter Schirn mit delikat abgeschmecktem Raffinement die verführerischen Qualitäten des Metiers beschworen und – eingebettet in den Schmelz unterschwelliger Erregung – die subtilen Augentäuschungen dieser Kunst ausgereizt werden, zeigt man sich ein paar Schritte weiter, im Kunstverein, bildkarg. Ausgestellt wird “deutschemalereizweitausenddrei”, doch versucht man es erst einmal mit Worten. Rupprecht Matthies hat eine Anleihe bei Lothar Baumgartens “Feuilleton-Klimax” (1999) genommen und die Treppenhauswand des Vereins mit Fachbegriffen aus der bildenden Kunst, Untergruppe Malerei besetzt. Form und Vokabular unterscheiden sich deutlich von den Schriftzügen, mit denen Baumgarten im Hamburger Bahnhof, Berlin, Station macht. Dort ist der Jargon subjektivistischer Kunstbetrachtung wausgebreitet, sind in puristischen Lettern Füllsel und Worthülsen wie “nächstfolgend”, “vorwiegend” oder “bezüglich” appliziert, so als habe ein Insektenforscher im urteilsschwangeren Wortdschungel der Rezensionen Floskeln und Phrasen gesammelt, um nachher die zwielichtig schillernden Exemplare akribisch aufzuspießen. Ganz anders Matthies. Er bleibt im Rahmen seines Handwerks, nennt Techniken, die den Malern zu Gebote stehen (Lasur, Impasto, Enkaustik), oder erwähnt Eigenschaften der Peinture wie flüssig, tonig, feucht. Die demonstrative Sachlichkeit der unregelmäßig verteilten Ausdrücke wird dadurch bestärkt, dass der semantische Gehalt eines Begriffs mit der Farbe korreliert, in der er auf der Wand festgehalten wurde (“erdig” = braun). Sogar die Schrift scheint auf das Medium gepinselter Bildproduktion zu verweisen, denn sie ist weich, rund und geschwungen, man könnte auch sagen: malerisch. Tatsächlich sind diese gleichsam tautologischen Übereinstimmungen Bruchstellen. Die suggerierte Objektivität ist nichts anderes als Interpretation. Sie fällt…


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