HEINZ-NORBERT JOCKS
Jake & Dinos Chapman
“Enjoy more”
museum kunst palast, Düsseldorf, 1.2. – 4.5.2003
Die Einzelausstellung Enjoy more, übrigens ihre erste in Deutschland, von Jake & Dinos Chapman im Düsseldorfer “museum kunst palast” liest sich fast wie ein ironiebespickter Bilddokumentar zur desaströsen Weltlage, die sich dramatisch zuspitzen könnte, wenn der sich seit Jahren in aller Stille dahinschleppende Irak-Krieg tatsächlich ausbricht. Gemessen nicht nur an den schrecklichen Langzeitfolgen fällt jedoch die in zwei Hallen untergebrachte Schau vergleichsweise harmlos aus, wenn ihr auch der Ruf des Provokativen vorauseilt. Die Tatsache, dass die beiden Brüder aus Großbritannien, also aus dem Land kommen, dessen Regierungschef Tony Blair sich damit brüstet, Amerikas engster Verbündeter und Kriegsfreund zu sein, verpasst dem Ganzen eine besondere Zusatznote.
Nun, was macht den Skandal dieser Kunst eigentlich aus? Seit 1994 wird den Chapmans ja nachgesagt, Provokateure zu sein. Steckt dahinter eine strategische Absicht, also der Versuch, per Inszenierung eines Tabubruchs auf sich aufmerksam zu machen? Wer heute die Exponate von gestern umkreist, kann wohl nur über Umwege die Gründe der Empörung nachvollziehen. Damals griffen die beiden auf eine Radierung aus Francisco de Goya y Lucientes 85-teiligem Bilderzyklus “Die Desaster des Krieges” zurück und übersetzten, was sie sahen, in die glatte Formsprache unserer Zeit. Wenn Goya zum Massaker im spanisch-französischen Bürgerkrieg, ohne es erlebt zu haben, eine Reihe druckgraphischer Bilder von verstümmelten oder von Körpern mit abgeschlagenen Köpfen imaginierte, so stellten die Briten, als hofften sie so eine Beziehung zur kapitalistischen Warenwelt zu erzwingen, den Horror des Leids und die Brutalität der Verletzung…