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Ausstellungen: Wien · von Ursula Maria Probst · S. 369 - 371
Ausstellungen: Wien , 2006

Ursula Maria Probst
Die Couch.Vom Denken im Liegen

»Freuds Vermächtnis«
Sigmund Freud Museum, Wien, 5.5. – 5.11.2006

Über den Umweg der Couch nähert man sich im Sigmund Freud Museum Wien dem 150. Geburtstag von Sigmund Freud und zelebriert damit ein schlichtes Mobiliar, das heute als Synonym für die Psychoanalyse Kultstatus genießt. Bereits 1972 kritisierten Gilles Deleuze und Felix Guattari im “Anti-Ödipus” die Eingrenzung im Ausleben reiner Gefühlsintensitäten durch Freuds lineare Entwicklungslogik. Es ist also kein Zufall, dass als Gegenreaktion auf aktuelle Affektökonomien in der Ausstellung “Die Couch” von einem Denken im Liegen ausgegangen und das reflexive Moment der Psychoanalyse als Geistes- und Kulturgeschichte einer interdisziplinären Nabelschau unterzogen wird. Neben dokumentarischen Fotomaterial über zum Teil grausame Vorläufertherapien der Psychoanalyse wie der Darwin-Cox’schen Schwingmaschine, der Massage oder der Hypnose trifft man auf eine notorische Sexualisierung der Couch, deren anrüchiges Image im 19. Jahrhundert durch Holzschnitte von Félix Vallotton und durch Lithografien von Paul Gavarni präsent ist. Die Exzesse der Ausschweifung reichen von der barocken Chaiselongue über den bürgerlichen Diwan, den Sigmund Freud zum Kernstück seiner Psychoanalyse machte, bis zur Couch von Todd Bracher. Die kulturhistorische Genese der Couch als Versatzstück der Sexualisierung nimmt in diesem Parcours von Exponaten ein wesentliches Charakteristikum der Psychoanalyse, nämlich das der Übertragung vorweg. Ins Spannungsfeld dieser Gegenüberstellung von Sexualität und Gewalt gerät eine Anzahl von Werken von KünstlerInnen wie Max Ernst, Rachel Whiteread, Spencer Finch und Shellburne Thurber sowie die Lust an der Erkenntnis, wie stark deren Wirkung von ihrer Kontextualisierung im Display abhängt.

Die authentische Situation, dass sich…


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von Ursula Maria Probst

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