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Relektüren · von Rainer Metzger · S. 314 - 315
Relektüren ,

Relektüren
Folge 79

Rainer Metzger

„Die Leute gehen ins Kunsthistorische Museum, weil es sich gehört, aus keinem anderen Grund, sie reisen sogar aus Spanien und Portugal nach Wien und gehen ins Kunsthistorische Museum, um zu Hause in Spanien und Portugal sagen zu können, daß sie im Kunsthistorischen Museum in Wien gewesen sind, was doch lächerlich ist, denn das Kunsthistorische Museum ist nicht der Prado und es ist auch nicht das Museum in Lissabon, davon ist das Kunsthistorische Museum weit entfernt. Das Kunsthistorische Museum hat ja nicht einmal einen Goya und es hat nicht einmal einen El Greco.“ Man kann sich Thomas Bernhards „Vermaledeiungssuada“, wie Sigrid Löffler es im österreichischen Nachrichtenmagazin profil am 30. September 1985 in ihrer Rezension nannte, herrlich auf die Nerven gehen lassen, sein Schreiben trieft vor ewig gleichen Tiraden gegen die Welt, gegen Österreich, gegen Wien. Doch wo er Recht hat, hat er Recht. Das Kunsthistorische Museum in Wien hat weder einen El Greco noch einen Goya. Das bringt ihm in Bernhards Ausschweifungen die berechtigte Zurückstufung hinter den Prado ein. Dass er gleich auch noch das Museum in Lissabon – er meint wohl das Museu nacional de Arte Antiga – bevorzugt, ist dann wiederum seiner unnachahmlichen Misanthropie gegen den Homo Austriacus geschuldet. Doch hören wir noch ein wenig zu, Thomas Bernhard ist schließlich Literat von Weltrang.

„Natürlich kann es auf den El Greco verzichten, denn El Greco ist kein wirklich großer, kein allererster Maler, sagte Reger, aber keinen Goya zu haben ist für ein Museum wie das Kunsthistorische Museum geradezu…

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