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Titel: Kunst und Philosophie · S. 380 - 385
Titel: Kunst und Philosophie , 1989

Eva Meyer
Gelandete Horizonte

Horizont ist der gelehrte Name für Gesichtskreis. Was aus diesem herausfällt, ist nicht nur nicht gelehrt, sondern auch unwesentlich, mit einem Wort: peripher. Es ist alles das, was anstößt und eben daraus einen gewissen Durchstoß hervorbringen kann: das schöpferische Prinzip der Grenze.

Daran scheiden sich die Geister und kulminieren in Unanschaulichkeit, weil sie nicht mehr auf das hinauslaufen, was bislang Form genannt wurde und dem Bereich einer starren Seinsvorstellung verhaftet blieb. Entgegen allem Anschein handelt es sich aber nicht um ein Verlassen der Grenze, um sich in jenseitigen Sphären zu tummeln. Wenn doch davon ausgegangen werden muß, daß noch die phantastischste Vielfalt auf Einfalt hinausläuft. Immer ist es, als zeigte – wie bei Borges – “der gelbe Kaiser dem Dichter seinen Palast. Hinter sich ließen sie in weiter Flucht die ersten westlichen Terrassen, die wie die Ränge eines sozusagen unabsehbaren Amphitheaters zu einem Paradies oder Garten niedersteigen, dessen Metallspiegel und dessen verschlungene Wacholdergänge bereits auf das Labyrinth vorausdeuteten. Heiteren Gemüts verloren sie sich in ihm, anfangs, als überließen sie sich einem Spiel, späterhin nicht ohne Unruhe, weil seine geraden Alleen einer sehr sanften, aber stetigen Krümmung unterlagen und insgeheim Kreise waren”.

Unruhe kommt auf und mithin jene Anstöße, deren zunehmende Prägnanz die geheimen Kreise nachvollzieht und damit das ganz Unwesentliche, weil rein Technische dieses Vollzugs mitteilt. Das ist keineswegs “das Wort des Universums”, mit dem der Dichter dem Kaiser den Palast entreißen wird, sondern eine Bewegungsform, die hin zur “Erfahrung der Erfahrungen” reicht, mit der der Mensch sich in…


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