Claudia Emmert
Ironie in Performance- und Videokunst.
Über die formalen Bezüge zum absurden Theater
Im Jahr 2004 ließ sich Ragnar Kjartansson nackt in einem Park bis zum Bauchnabel eingraben. Zwei Stunden lang verharrte er gefangen in seinem Erdloch, spielte Gitarre und sang ohne Unterbrechung zu einer bluesigen Melodie die Worte: „Satan is real. He is working for me.“ Wie ein entblößter Faust erscheint der Barde, dessen Machtanspruch über den Teufel nicht nur durch seine Bewegungsunfähigkeit ironisch unterminiert wird. Der isländische Künstler Kjartansson ist bekannt durch seine quälend langen, sich über Stunden, nicht selten sogar über Tage hinziehenden Performances. Sein zentrales Stilmittel ist die endlose wirkende Wiederholung. Er ironisiert auf diese Weise vor allem die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft und entlarvt deren absurde Mechanismen des sich immer wieder selbst Inszenierens, sich jedes Mal neu Verkaufens und zur Schau Stellens.
Über 40 Jahre zuvor, am 17. September 1961, wurde in New York Samuel Becketts Stück Happy Days uraufgeführt. Hauptfigur ist Winnie, die im ersten Akt bis zur Brust, und im zweiten Akt bis zum Hals in die Erde eingegraben ist. Sie hält einen langen Monolog über alles und nichts, betont immer wieder die Annehmlichkeiten ihrer Situation und wendet sich ab und zu an ihren desinteressierten Mann. Sonst geschieht nichts. Becketts Stücke spiegeln mit zuweilen bitterer Ironie das Leben als Chronik der Ereignislosigkeit. Das geistige Umfeld des absurden Theaters war von den Erschütterungen des 2. Weltkriegs und dem Gefühl einer akuten atomaren Bedrohung im anbrechenden Kalten Krieg geprägt. Bereits 1942 veröffentlichte Albert Camus den…