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Titel: Inszenierte Fotografie II · S. 112 - 113
Titel: Inszenierte Fotografie II , 1986

Jeff Wall

Reproduziert man sie, wie notgedrungen an dieser Stelle, sehen die Bilder von Jeff Wall sorgfältig beobachteten Dokumentarfotografien zum Verwechseln ähnlich. Gegenstandslos wird die Frage, ob der Autor das abgelichtete Geschehen in Szene gesetzt hat oder der Wirklichkeit entnommen.

Schauen wir genauer hin, meinen wir, die Hand eines sensiblen Regisseurs zu verspüren. Doch ohne Glauben geht’s nicht ab. So erschöpfen sich die Bilder von Jeff Wall auch nicht in ihrer erzählerischen Dimension. Das ist nur eine, wenngleich eine wesentliche Schicht der künstlerischen Aussage. Nicht weniger entscheidend sind freilich das Format und die Präsentation der Bildwerke. Durch beide erfährt die platte Abbildrealität der Fotografie – Basismittel der künstlerischen Arbeit von Jeff Wall – eine ästhetische Qualität. Der Künstler bringt das fotografische Ausgangsbild auf eine große transparente Bildfläche, die er in Bildkästen montiert und von hinten mittels fluoreszierenden Lichts erhellen läßt. Die kräftige Hintergrundbeleuchtung verleiht den Bildern eine überwältigende Wirkung. Die geschilderten Wirklichkeitsausschnitte, in der Regel Landschaften oder Genreszenen, erhalten einen über-realen Charakter, ohne sich gleichwohl ins Metaphysische zu verflüchtigen. Namentlich die Genreszenen, auf den ersten Blick ganz und gar unfilmisch, muten plötzlich wie eine filmische Sequenz an, die auf ein einziges Bild kondensiert ist. Auf einem riesigen Farblichtbild – Format 2,25 x 3,25 m – begegnen sich ein Mann und eine Frau, im rechten Winkel zueinander, nachts auf einer Vorortstraße. Die Frau in weißer Pelzjacke und Hosen scheint auf irgendwen oder irgendwas zu warten, während der Mann entschlossen die Straße hinunterschreitet. Doch es könnte auch umgekehrt sein, beide Gestalten sind bei relativ…

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