CHRISTIANE FRICKE
Künstler, Multiplikatoren von Erfahrung
Eine eher skeptische, kulturkritische Haltung scheint das Movens für die ersten, im Bonner Kunstverein und in der Düsseldorfer Kunsthalle gezeigten Sondierungen auf dem Feld künstlerischer Auseinandersetzungen mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen gewesen zu sein. Zweifel an der “Berechenbarkeit der Welt” und Widerstand gegen den Allmächtigkeitsanspruch der Wissenschaften leiteten Annelie Pohlen. Ganz offensichtlich richtet sie alle ihre Hoffnungen und Erwartungen auf die Künstler, die, so schreibt sie in ihrem Katalog-Essay, nach Zeichen, Formen der Aneignung suchen würden – gegen die Linearität der wissenschaftlichen Codes, die noch das Chaos so definieren, daß es – per Ausgrenzung von Störfaktoren – stimmig werde.1 Zeitgleich mit der Bonner Ausstellung versammelte Marie Luise Syring in der Düsseldorfer Kunsthalle “Zukunfts- und Endzeitvisionen der 90er Jahre” unter dem ironischen Titel “Happy End”. Gezeigt wurden Arbeiten, in denen ein bisweilen lustvolles Spiel mit dem Grauen nur die Kehrseite einer überdeutlich werdenden Furcht vor einem möglichen Zeitenende markierte. In Amsterdam lotete wenige Monate später De Appel mit der Ausstellung “Hybrids” die strukturellen Übereinstimmungen und Differenzen zwischen den kreativen Akten wissenschaftlicher Gen-Manipulationen und anderer biotechnologischen Methoden und den künstlerischen Untersuchungen auf diesem Feld aus.
Dem kulturkritischen Impetus insbesondere der Bonner und Düsseldorfer Veranstaltungen stehen Unternehmungen gegenüber, die sich vor allem durch ihre Bereitschaft zur experimentellen Interaktion und durch ihre Offenheit für nicht vorhersehbare Resultate und Einsichten auszeichnen. Einen Anfang machte Bogomir Ecker 1994 und 96 mit seinem Symposium “Übergangsbogen und Überhöhungsrampe”. Mit der 1995 gestarteten Ausstellungsreihe “Art & Brain” am Deutschen Museum Bonn wagt man sich auf das Terrain…