CHRISTOPH INDERWIESEN
Sammlung und Dialog
Bei der Suche nach Wahrheit gibt es gewisse Fragen, die nicht wichtig sind…” Dieses Buddha-Zitat ist eine zentrale Aussage in Christoph Inderwiesens Sammlung “Wissen und Vergessen”, die er seit 1988 angelegt hat. Als Teilnehmer der Ausstellung zum Kongreß “Zukunft Deutschlands in der Wissensgesellschaft” (Bonn, Februar 1998) inszenierte er diese Sammlung als Rauminstallation: auf Tischen wurden Buchobjekte mit Holzschnitten und Texten ausgebreitet, umrahmt von großformatigen verleimten Papierbahnen mit Handzeichnungen und Drucken.
Die Texte und Bilder beziehen sich auf den “Einstein-Kosmos”, auf das Rotationsprinzip oder auf die Magnetstruktur der Sonnenfleckentätigkeit. Außerdem projizierte Inderwiesen eine Diaserie (“Caroussel-Physik”) mit Tuschezeichnungen zur Relativiätstheorie, zur Planck’schen Quantenphysik und zur Astronomie – Erkenntnisse leuchten für einen kurzen Moment auf und verschwinden wieder im Vergessen.
Fragen nach der künstlerischen Ästhetik sind dabei sekundär.
Zum Ausstellungsprojekt “Kunst=Grundlagenforschung” anläßlich des “Forschungsforums 1997” in Leipzig hatte er zusammen mit seinen Kollegen Reinhard Lättgen und Christoph Rihs notiert: “Die Gestaltung… war von der Absicht getragen, sowohl in der Auswahl der Exponate als auch in der Plazierung und Präsentation einen gewissen ‘Laborcharakter’ herzustellen…”.1 Dies war aber nicht unbedingt die Simulation eines Labors, wie sie derzeit häufig in Kunsträumen stattfindet, sondern eher Treffpunkt zu einem fachübergreifenden Dialog in einer Messe-Kongress-Situation.
Das Sammeln von bereits vorhandenem Wissen ist für Inderwiesen ein künstlerischer Vorgang, bei dem er die Herkunft des Materials aus Lehrbüchern und Schautafeln nicht leugnet. Dieses Material erfährt dann in der Auswahl und Zuordnung der Bild-Text-Kombinationen eine neue Interpretation, womit er über das Enzyklopädische hinausgeht: rein physikalische Axiome evozieren immer wieder neue philosophische Fragen….