Susch
Laura Grisi
The Measuring of Time
Muzeum Susch 05.06.– 05.12.2021
von Laura Helena Wurth
Irgendwie passt es, dass die erste große Retrospektive der italienischen Künstlerin Laura Grisi im Schweizer Engadin stattfindet. Grisi 2017 verstorben, hat in den 60er und 70er-Jahren einen Großteil ihrer Arbeiten bei Reisen mit ihrem Ehemann, der Dokumentarfilmer war, produziert. Dabei studierte sie die bereisten Regionen eingehend und hat vermutlich mehr von der Welt gesehen als so manch andere Frau oder Mann zu dieser Zeit. Zusammen waren sie in Polynesien, dem afrikanischen Kontinent und Lateinamerika. Dabei hat Grisi sich immer ihrer eigenen Arbeit gewidmet. Sie hat Sandkörner gezählt, Nebel produziert und den Wind gefilmt. Sie hat Reliefs mit beweglichen Elementen geschaffen und eigene Messmethoden zur Bestimmung der Beschaffenheit von Wasser entwickelt.
Im Engadin fährt man durch eine Landschaft, die so akkurat und perfekt ist, dass man sich fühlt, als wäre man in einem Microsoft Desktop Hintergrund eingespeist. So grün sind die Wiesen, so blau der Himmel. Das passt gut, dass man sich hier in der bergigen Abgeschiedenheit mit ihrer Arbeit beschäftigt, die so eng verwoben ist mit dem, was die Natur der Menschheit für Rätsel aufgibt. Kunstgeschichtlich ist Grisi irgendwo zwischen Konzeptkunst, Pop-Art und Abstraktion. Es scheint, als wäre ihr durch ihre Reisen nicht nur ein unendlich großer Forschungsraum zuteilgeworden, sondern auch die Möglichkeit, sich ohne nennenswert viele Einflüsse ganz autark zu entwickeln. Bewaffnet mit ihrer Kamera hat sie sich etliche Terrains angeeignet.
Auffällig ist, dass vieles von dem, was heute mit die populärste Kunst ist, in ihrem Werk bereits vorweggenommen…
