Nan Goldin
Man hat mir mein Medium weggenommen
Ein Gespräch von Michael Stoeber
Schon als Schülerin hat sie fotografiert. Und die Kamera war dabei für sie immer ein Mittel, um mit Menschen in Kontakt zu treten. So wie mit den Drag Queens in Boston, die der jungen Nan Goldin wie Königinnen erschienen und die sie wahrhaft königlich fotografierte. Überhaupt macht sie bis heute nur Bilder von Menschen, denen sie sich nahe fühlt. Diese Verbundenheit macht es ihr möglich, nicht nur ihr Äußeres, sondern – pathetisch formuliert – auch ihre „Seelen“ zu fotografieren. Das Geheimnis der Aufnahmen von Nan Goldin liegt in der Empathie, mit der sie auf ihre Protagonisten schaut. Die teilt sich ihnen mit, lässt sie Vertrauen haben zu der Künstlerin und stiftet eine innige Gemeinschaft zwischen ihnen. Bekannt geworden ist die 1953 in Washington geborene Nan Goldin mit ihrer von Musik unterlegten Diaschau “Die Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“, in der sie ihre „Family“ zeigt: Menschen, mit denen sie in den 1970er und 1980er Jahren in New York zusammen lebte. Auch wenn zu der Zeit Sex und Drogen in ihrem Alltag eine große Rolle spielten, ging es der Künstlerin nicht darum, ein bestimmtes Milieu oder eine Subkultur zu fotografieren. Die Hasselblad-Preisträgerin des Jahres 2007 porträtiert stets Individuen, Persönlichkeiten. Wobei sie diese quasi en passant aufnimmt, mit einem Schnappschuss, ganz selbstverständlich, und dabei so direkt und intim, wie man das bis dahin noch nicht gesehen hatte. Für ihre neue Diaschau „Scopophilia“ und die für die kestnergesellschaft entstandene Werkserie der „Saints“ hat…