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Monografie · von Peter Herbstreuth · S. 258 - 265
Monografie , 1994

Peter Herbstreuth
Olav Christopher Jenssen

Ausdruck, der keiner Erklärung mehr Bedarf

Auf die Frage, wie er ein Bild beginne, sagte er, erstens sei der Rahmen, zweitens die Spannung der Leinwand wichtig. Und dann fange er ohne festen Verlaufsplan an und arbeite an mehreren Wänden gleichzeitig: Lediglich die Absicht, daß er irgendwann vor Bildern stehen wolle, begleite ihn.

Irgendwann. Es kann Tage oder Wochen dauern. Nebenbei zeichne er. Er mache keine Skizzen für die Bilder. Er zeichne, um einen klaren Kopf zu behalten. Und wie wisse er, wann ein Bild fertig sei? Wenn er keinen Ton mehr von ihm höre, wenn alles innerhalb des Rahmens still und getragen sei, dann sei es da, und er könne es als Bild respektieren. Worauf diese Gewißheit beruhe? Instinkt. Reiner Instinkt. Weniger Gefühl. Eher ein Temperament, das von dem Wunsch geleitet sei, zu einem Nullpunkt zu gelangen, zu einem Ausdruck, der nach keiner Erklärung mehr verlange und sich einfach selbst genüge.

Dieses Schweigen hat einen Klang, der schon früh in seinen Bildern vernehmbar war, aber in den letzten Jahren bestimmter wurde. Olav Christopher Jenssen als Zeichner und Maler vorzustellen, heißt zunächst, auf ein exemplarisches Problem hinzuweisen. Er ist der berühmteste zeitgenössische Maler zwischen Reykjavik und Helsinki auf dem europäischen Kontinent, jedoch ist der seit 1982 in Berlin lebende Norweger noch immer Neuling. Erst als ihn Jan Hoet von seinem Späher Pier Luigi Tazzi für die DOCUMENTA IX empfohlen bekam und er eine Wand gegenüber Brice Marden neben Jonathan Lasker ordnete, da erst wurde er wahrgenommen – als No-name aus…


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von Peter Herbstreuth

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