Peter Schubert
Bühnenbildner an der Staatsoper in Ost-Berlin im Gespräch mit Gerd Haenel im Mai 1990
Ich könnte mir vorstellen, es sind eine ganze Menge Dinge jetzt für DDR-Bürger beleidigend, entwürdigend, durch die Art und Weise wie die Umwälzungen jetzt abrollen und durch die Geschwindigkeit mit der das geschieht. “Auch wir haben etwas einzubringen”, heißt ein hier immer wieder gehörter Spruch, aber keiner im Osten hatte Zeit, das in eine Richtung zu bringen, zu formulieren wie das umsetzbar wäre. Den Leuten, die das im Kopf oder im Herzen hatten, sind jetzt durch die Geschwindigkeit das Denken und die Hänbde gelähmt. Also ne Resignation erst mal. Sie merken, sie sitzen wieder irgendwo zwischendrin, der Zug fährt und es gibt keine Notbremse mehr. Aber eigentlich würden sie die gerne ziehen …
Also dieses “beleidigt sein” oder diese Vokabel “mit Würde” oder “nicht mit Würde”, oder “was ham wir da einzubringen” oder so – dieser ganze Fragen- und Themenkomplex kreist um ein an sich Unauflösliches… also um sowas wie um den Gordischen Knoten. also um diese Frage nach der Identität. Für meine Person findet diese Beleidigung zu allererst mal statt, indem die Bundesbürger mich mit Leuten in einen Topf schmeißen, mit denen ich nichts zu tun habe. Die mich schon vorher gehaßt haben wie die Pest, die mich jetzt immer noch hassen, mit denen ich einfach nichts am Hut habe. Also außer, daß ich dieselbe Farbe im Personalausweis habe wie die Leute auch, verbindet mich nichts mit den Idioten, die in Leipzig da die Deutschlandfahne…