Martin Seidel
Serge Spitzer
Kunstaktion in der Zoobrücke, Köln, 14.5. – 12.11.2000
Das Konzept der außermusealen Kunst realisiert sich vielfach in schauerromantischen Rekursen. Der diskret erhabene Charme brachgelegter, untergehender Industrieanlagen kommt da noch immer gerade recht und ist so ungebrochen wie die anhaltende postmodern-ästhetische Konfrontation natürlicher und technologischer Systeme. Ungezählte schummrig-schöne Ausstellungen und Installationen in Fabriken belegen dies ebenso wie die Zahl der Künstler, die mit mehr und weniger Bravour immer wieder den Mythos dämmrig-mystischer Produktions- und Lagerstätten beschwören.
Serge Spitzer (Jahrgang 1951), der auf der Biennale in einer ausgedienten Werkhalle des Arsenale ein Sammelsurium von Weingläsern ausbreitete, bemächtigt sich nun der 600 Meter langen Kölner Zoobrücke und beschert im Innern der 1962-1966 von dem Architekten Gerd Lohmer erbauten stählernen Balkenbrücke ein Kunstspektakel mit 60.000 Kölschgläsern. Von Deutzer Seite, vom Rheinpark aus geht’s behelmt und manchmal gebückt auf schmalem Steg durch die zwischen drei und zehn Meter hohen und viereinhalb Meter breiten Hohlkästen dieser Kastenträgerbrücke zum linken Rheinufer, Richtung Zoo und Skulpturenpark. Die Dramaturgie dieses zum Gesamtkunstwerk und zur Synästhesie tendierenden Kunststücks spannt den Besucher zunächst auf die Folter – denn anfangs tut sich nichts: Man ist auf das vor- und außerkünstlerischen Erlebnis dieses gewöhnlich unzugänglichen Ortes und seiner Architektur an sich zurückgeworfen. Erst allmählich und fast unmerklich geht es künstlerisch zur Sache: Einzelne Paare aus jeweils zwei ineinandergesteckten Kölschgläsern tauchen hier und da zwischen, über und hinter Lamellen, Streben und Stützen auf. Richtig los geht es nach mehr als zweihundert Metern, wenn die Hohlkörper eine Höhe von zehn Metern erreichen. Nach einem…