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Ausstellungen: Wiesbaden · von Michael Hübl · S. 340 - 341
Ausstellungen: Wiesbaden , 2004

MICHAEL HÜBL
Ulrich Erben

“Gemälde und Zeichnungen 1970 – 2003”
Museum Wiesbaden, 23.11.2003 – 21.3.2004

Erinnerung ist ein schweres Wort in Deutschland. Im politischen Diskurs wird es mitunter hin- und herrangiert wie alte Waggons auf einem Verschiebebahnhof. Eigentlich geht es dabei um Menschen. Aber die Sorge, die ethische, juristische und wirtschaftliche Verpflichtung gegenüber den Opfern jener “erinnerten” Zeit werden nicht immer deutlich. Das hat erst jüngst die Abwicklung des ehemals weltweit größten Konzerns der chemischen Industrie offenbart, der zumindest in zweierlei Hinsicht aktiv an den antisemitischen Vernichtungsstrategien des Deutschen Reichs mitwirkte: als Hersteller von Genozid-Rohstoffen und durch den Bau eigener Produktionsstätten im Konzentrationslager (KZ) Auschwitz. Der Zusammenschluss der Chemie-Unternehmen BASF, Bayer, Hoechst, Agfa, der “Chem. Fabriken vorm. Weiler-ter-Meer” und der “Chem. Fabrik Griesheim-Elektron” hatte 1925 unter einer Bezei chnung stattgefunden, für die sich eine unschuldige Kurzform einbürgerte. Aus der Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG wurde I.G. Farben. Der Name, der für Kindermalkurse oder kosmetische Beratung stehen könnte, ist durch die Verstrickung des Konzerns mit dem NS-System zu einem Synonym dafür geworden, dass der Kreis der Täter nicht auf eine Herrscherclique beschränkt war, sondern weit in die deutsche Gesellschaft hineinreichte.

Erinnerung ist ein schweres Wort in Deutschland – weit schwerer als Richard Serras “Forged Drawing Rectangle” (1977) im Museum Wiesbaden, ein Block Schmiedestahl, der auf der Schauseite mit Ölkreide bedeckt ist. Er misst nur 37 auf 48,5 Zentimeter, ist allerdings zehn Zentimeter dick und wiegt gut 150 Kilo. Da er fest in der Wand verankert wurde und nur unter größtem Aufwand zu entfernen wäre, bleibt das…



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