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Ausstellungen: Bonn · von Jürgen Raap · S. 304 - 305
Ausstellungen: Bonn , 2013

Jürgen Raap
Wer ist die Mona Lisa?

Frauenmuseum Bonn, 13.1. – 10.3.2013

Wen Leonardo da Vinci vermutlich zwischen 1503-1506 als „Mona Lisa“ porträtierte, ist in der Kunstgeschichte bis heute nicht genau verifiziert. Auch die jüngste Ausstellung des Bonner Frauenmuseums mit Beiträgen von rund vierzig zeitgenössischen Künstlerinnen kann diese Frage letztlich nicht beantworten, denn in der Rezeptionsgeschichte dieses berühmtesten Werkes der abendländischen Kunst überlagert der Mythos des Bildes die reale Biografie des möglichen Modells.

Der Kunsthistoriker Giorgio Vasari (1511-1574), Leonardos erster Biograf, erwähnt Spekulationen, „Mona Lisa“ sei vielleicht ein Anagramm zu „Mon Salai“. Gian Giacomo Caprotti, genannt Salaj, war als Maler ein Schüler Leonardos und auch dessen heimlicher Geliebter. Demnach stelle das Porträt mithin in Wirklichkeit einen Mann dar, so dass Marcel Duchamps Gag, der Mona Lisa einen Schnurrbart zu verpassen, durchaus eine gewisse Stimmigkeit hat. In der Ausstellung greifen Susanne Bons mit ihrer Installation aus hängenden Buchstaben („Mona Lisa – Mon Salaj“) und Elisabeth Steinhauser mit der Wiedergabe einer Mona Lisa mit männlichen Gesichtszügen diese Legende auf.

Alle anderen Thesen zur Identität der Mona Lisa gehen natürlich von einer Frau aus, und deren geheimnisvolles Lächeln hat rezeptionsgeschichtlich bekanntlich eine ästhetische Überhöhung erfahren. Wie sähe sie wohl als moderne Frau von heute aus? Tina Schwichtenberg erreicht mit ihrer ironischen Übersetzung des Topos in heutiges Mode-Styling eine Brechung des Mythos – mit einem Mund wie aus der zeitgenössischen Lippenstiftreklame wirkt die Mona Lisa jedenfalls höchst banal. Auch Silvia Philipp leistet mit ihrer Nachstellung der Komposition als lebendes Bild in einer realen Landschaft eine Entmystifizierung: am Seeufer…


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