Robert Storr
Als Nicht-Kantianer mitten im Chaos der Welt
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Robert Storr, den diesjährigen Direktor der Biennale, traf Heinz-Norbert Jocks zwei Wochen nach der Eröffnung, als sich schon alles etwas gesetzt hatte und diejenigen abgereist waren, für die die Biennale laut Storr nicht in erster Linie bestimmt ist. Der 57jährige weiß, dass mit dem Trubel die Energie erzeugt wird, die das Publikum magnetisch anzieht. „Think with the Senses- Feel with the Mind“ („Denke mit den Sinnen – Fühle mit dem Verstand“) hat er bezeichnenderweise seine Schau betitelt. Storr, gewiss kein Übereitler, der eine solche Großveranstaltung nutzt, um sich im Spektakel zu sonnen, ist von Leidenschaft getrieben, zudem wißbegierig. Ein Intellektueller, der sich keineswegs an Begriffen klammert, sondern sich erst sehend hervorgebracht hat, ehe er zur Sprache fand. Daraus zieht er seine Stärke sowie seine Sicht auf Kunstwerke, die er nicht nur kunsttheoretisch beurteilt, sondern auch vor dem Hintergrund, was an ihnen politisch sein kann. Dabei erliegt er den dummen Zwängen zur Eindeutigkeit, wie sie in der Politik fast zwangsläufig herrschen. Sein Weg geht in die entgegensetzte Richtung.
Er, dem nachgesagt wird, zu den klügsten Köpfen der Kunstgeschichte zu gehören, ist kein Geist der Kopfgeburten. Weniger ein Managertyp als einer, der für die Kunst die Bühne präpariert, damit sie möglichst zur vollen Wirkung kommt. Gewiss sicherte die Tatsache, dass er schon als Kind mehr über das Zeichen als sprachlich mit der Welt kommunizierte, ihm einen anderen, nämlich einen über die Augen vermittelten Zugang zu…
