Heinz-Norbert Jocks
Edward und Nancy Kienholz
»Die rotierende Welt oder Zeugung durch Zufall und das Wunderpferd Trigger«
Kunsthalle, Düsseldorf, 16.3. – 5.5.1996
Vehementer als die New Yorker Schule setzte Edward Kienholz, Künstler des amerikanischen Westens, der Sommer 1994 verstarb, auf haptische Erfahrungen mit Fundstücken. Trotz der Dreidimensionalität, die das Erscheinungsbild prägt, offenbaren die Tableaus einen direkten Bezug zur Malerei mit buchstäblich räumlicher Auslegung. Mit dem Prinzip Assemblage, dem sich die Aura seiner Kunstwerke verdankt, strebte der durch die kalifornische Szene Inspirierte, dessen Karriere denn auch als Maler begann, so etwas wie die Erweiterung einer Kunst an, deren Begehbarkeit und Integrationsfähigkeit er forcierte. Und zwar so, daß sich der Abstand zu uns, den Betrachtern nicht nur verringert, sondern auflöst, fast wie im Kino. Evident ist der uns herausfordernde Dauereffekt, das Arrangierte nicht nur zu sehen, sondern auch nachzuerleben. Vermutlich trifft zu, worüber der FAZ-Kritiker Werner Spies bereits anläßlich der für Europa von Pontus Hultén konzipierten Ausstellung von 1970 reflektierte, als er die Mythologie Hollywoods heranzog, um das Wunder Kienholz zu erklären, und gleichzeitig von einer “Visualisierung privater Träume, religiöser und moralischer Vorstellungen” sprach. Der Artist, ein potentieller Kinogeher?
Mit der Zeit zeigte sich, wie sehr sich Edward Kienholz, der so etwas wie intensive Feldforschung im Reich hautnaher Selbsterfahrung und pikanter Erlebnisvermittlung betrieb, den kollektiven Hang zum Voyeurismus zu eigen machte, daraus er ein Wahrnehmungsritual ableitete, das auf zeitlichen Verschiebungen fußt. Der hohe Grad an Rätselhaftigkeit, der Geist und Auge provoziert, erzielte er dadurch, daß er Gegenwart mittels einer Bildsprache kritisierte, deren Requisiten einer verlorenen…