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Titel: Choreografie der Gewalt · von Douglas Rushkoff · S. 182 - 190
Titel: Choreografie der Gewalt , 2000

DOUGLAS RUSHKOFF

Gegen die Gewalt der Medien oder:
Wie Kinder sich die Wirklichkeit zurückerobern

Digitale Geräte demontieren

Aus irgendeinem Grund nennen wir das Zeug im Fernsehen Programm. Nein, die Fernsehmacher verfügen keineswegs über das Fernsehgerät oder den Ablauf des Abendprogramms; sie verfügen über den Zuschauer. Ob sie uns nun davon überzeugen, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen, eine Ideologie anzunehmen oder nur einer moralischen Platitüde beizupflichten, die zugrunde liegende Absicht des Programmemachens ist, sich unserer Aufmerksamkeit zu bemächtigen und uns dann ein ganzes Warensortiment zu verkaufen.

Seit der Zeit der Bibel und des Aristoteles bis zu den heutigen stereotypen Drei-Akt-Action-Movies war das beste Mittel, das den Programmgestaltern zur Verfügung stand, die Geschichte. Doch dank neuer Technologien, wie der Fernbedienung, dem Joystick und der Mouse funktioniert das nicht mehr so einfach. Die traditionelle Geschichte übt Einfluss auf das Publikum aus, indem sie es in Spannung versetzt. Der Geschichtenerzähler schafft eine Figur, die wir mögen, und veranlasst uns dazu, uns in die Misere des Helden hineinzuversetzen. Schließlich wird die Figur auf die ein oder andere Weise in Gefahr gebracht. Das Publikum vollzieht den Aufstieg der Figur zum dramatischen Höhepunkt mit, indem es sich in ihre Ängste versetzt.

Hilflos folgen wir ihr in die Gefahr, in Krankheit oder Scheidung, und an dem Punkt, an dem wir keine größere Spannung mehr ertragen können ohne zu zerbersten, findet unser Held einen Ausweg. Er findet zu einer Moral, einem Produkt, einem Plan oder einer Strategie, die ihn und uns, sein Publikum, von seiner fürchterlichen Ängsten…

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von Douglas Rushkoff

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