Hubert Kretschmer
DAS ARCHIV ALS FORSCHUNGSBIBLIOTHEK
Ein Gespräch von Marlene Obermayer
Mit seinem Archiv Artist Publications in München verfolgte Hubert Kretschmer stets das Ziel, nicht nur seine Sammlung von Künstlerbüchern zu erweitern, sondern auch das Umfeld und den Zeitgeist zu dokumentieren, in dem die Publikationen entstanden. Die Beschäftigung mit dem Archiv sieht Kretschmer als einen Teil seiner künstlerischen Arbeit, in der er sich, wie er selbst sagt, als Sammler, Verleger, Kurator, Dokumentarist, Forscher und Gestalter der umfangreichen Erkundung neuer Ausdrucksformen und künstlerischer Strategien widmet.
Marlene Obermayer: Dein Archiv Artist Publications (AAP) in München ist ja nicht von heute auf morgen entstanden. Kannst du kurz zusammenfassen, wie alles begonnen hat?
Hubert Kretschmer: Die Produzentengalerie wurde 1976 von mehreren Künstlerinnen und Künstlern gegründet, ich kam erst ein halbes Jahr später dazu. Wir haben beispielsweise Videoleute aus Amsterdam eingeladen und Filmemacher oder Autorenlesungen veranstaltet und so gab es immer ein sehr vielfältiges Programm. In dem ganzen Zusammenhang ist natürlich dann auch die dreiteilige Künstlerbücherausstellung entstanden.
Ich habe 1978 im KUNSTmagazin eine Ausschreibung für die Ausstellung gemacht. Ich bin danach regelrecht mit Paketen von Büchern überflutet worden. Das hätte man in einer Ausstellung nicht zeigen können, zudem auch die Künstlerbücher so unterschiedlich waren.
Ich hatte dann die Wohnung voll mit Bergen von Paketen aus der ganzen Welt und musste mir irgendwie überlegen, wie ich das alles sortiere. Für den ersten Teil der Ausstellung habe ich gedruckte Künstlerbücher in hoher Auflage ausgewählt. Gedruckten Bücher, die etwa im Offset- oder Siebdruckverfahren als Massenprodukt hergestellt wurden. Da waren…