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Ausstellungen: Berlin · von Ronald Berg · S. 224 - 225
Ausstellungen: Berlin , 2018

Jeanne Mammen 

Die Beobachterin Retrospektive 1910 – 1975
Berlinische Galerie 06.10.2017 – 15.01.2018
von Ronald Berg

Das Paar am Strand: er im Bademantel, sie im wenig verhüllenden Badeanzug mit Pudelmütze über dem Bubikopf, Zigarette in der rechten Hand, die linke in die Hüfte gestützt. Man sieht sich gegenseitig nicht an, man interessiert sich offenbar auch nicht sonderlich für Strand, Meer und andere Badegäste. Man ist viel eher bestrebt, gepflegte Langeweile und Blasiertheit zur Schau zu tragen.

Die ostentative Geringschätzung der schnöden Welt trägt das Paar am Strand so, als würde es die neueste Mode auf dem Laufsteg vorführen. Die aquarellierte Bleistiftzeichnung datiert aus dem Jahr 1930 und stammt von Jeanne Mammen.

Ähnliche „Gesellschaftsszenen“ hat die 1890 geborene Künstlerin in der Weimarer Republik des Öfteren beobachtet und mit Bleistift und Aquarellfarben festgehalten – mal am Strand, vor allem aber in den Cafés und Vergnügungslokalen von Berlin. Hier war Mammens Beobachtungsposten für die neuen Formen des öffentlichen Miteinander nach dem Ersten Weltkrieg – ob in „Künstlersehe“ oder beim lesbischen Tête-à-tête. Wegen des Krieges musste Mammen, die in Berlin geboren wurde, aber in Paris aufwuchs und dort, wie in Brüssel und Rom, ihre künstlerische Ausbildung absolvierte, 1915 in die ungeliebte Heimatstadt zurückkehren. Doch Mammen machte dank ihres zeichnerischen Talents und ihrer Beobachtungsgabe in der Reichshauptstadt schnell Karriere.

„Jeanne Mammen. Die Beobachterin“ heißt nun folgerichtig „eine der umfangreichsten Mammen-Retrospektiven“ in der Berlinischen Galerie. Doch leider nimmt Annelie Lütgens, Kustodin am Hause, ihre Titelerfindung selbst nicht wirklich ernst. Die Ausstellung möchte Mammen vielmehr als…


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