Digitalisierung und kulturelles Erbe:
Von der Expansion der Betrachter zu einer neuen Form des Kolonialismus
von Annet Dekker
Mit der Entwicklung des Internets und dem zunehmenden Einsatz von Digitalisierungsverfahren verwandelten sich Museumssammlungen allmählich von Aufbewahrungsstätten für physische Objekte in digitale Datenbänke. Mit diesem Wandel hat sich die Aufmerksamkeit der Besucher von physischen auf „virtuelle“ Umgebungen verlagert, was die Art der Objekterfahrung radikal veränderte. Was passiert darüber hinaus, wenn öffentliche und frei zugängliche Sammlungen auf kommerzielle Plattformen geladen werden, wo sie von Algorithmen aufgegliedert und analysiert oder auch als 3D-Modelle reproduziert werden, um gewinnbringend verkauft zu werden?
Ein Online Staatsarchiv
Im November 2016 begrüßte Het Nieuwe Instituut (HNI), das Staatsarchiv der Niederlande für niederländische Architektur und Stadtplanung, den 1 millionsten Besucher seiner Flickr: The Commons-Site (The Commons). Als Kulturproduzent bezweckt das Institut durch die Digitalisierung und die möglichst breite Zugänglichkeit seiner Sammlungen, neue Bedeutungsebenen zu erschließen. Deshalb nutzt HNI seit dem 12. Juni 2013 die The Commons-Plattform für die „verwaisten Werke“ des Instituts: gemeinfreie Bilder, die – wie es auf der HNI-Website heißt (24.06.2016) – ohne Einschränkungen genutzt werden können, da kein Rechteinhaber nachweisbar ist oder HNI selbst über die Urheberrechte verfügt. Zusätzlich zu den thematischen Ausstellungen im physischen Raum zeigt die HNI-Seite auf The Commons1 eine endlose Reihe von Bildern. Neben den zu erwartenden Bauzeichnungen, Gebäuden und Fotos von Architekten finden sich dort Swimmingpools, Blumen und Naturstudien.
Die enorme Menge an Bildern, die scheinbar endlos durchscrollt werden kann, ist nicht ungewöhnlich für The Commons – von einigen Museen finden sich dort in einer optischen,…