Jorinde Voigt
A New Kind of Joy
Kunsthalle Nürnberg 23.02. – 07.05.2017
von Martin Blättner
Eine Hymne an die Erde. Die dreiteilige, monumentale Arbeit „The Farewell“ (2016) – das vierte Kapitel ihres groß angelegten Langzeitenprojektes „Song oft the Earth“ – ist von Gustav Mahlers sinfonischem Liederzyklus „Das Lied von der Erde“ inspiriert. Man nimmt der Künstlerin (die vor dem Kunststudium bei Katharina Sieverding als Cellistin ausgebildet wurde) die Umsetzung dieses Werkes sofort ab. Die grafischen Impulse und Notationen in verschiedenen Bildzentren, die räumlich bestimmt werden, visualisieren einleuchtend Rhythmen und Farbklänge. Mit spontanen Farbspritzern, Formelementen und Modulen erstellt sie situativ individuelle Kompositionen, die im Aufbau einer lesbaren Partitur mit Spielanweisungen gleichen: Immerhin so konkretisiert wahrnehmbar, dass im Oktober 2016 erstmals das Ensemble „Zeitkratzer“ eine Interpretation ihres Werks im Hamburger Bahnhof aufführte. Auch wenn man selbst kein Musiker ist und auch keine synästhetische Sonderbegabung nachweisen kann, lassen sich diese Klangfarben mit den rotierenden Verbindungslinien nachvollziehen: Bei den skizzenhaften Anweisungen, die einer Art Logbuch-Niederschrift gleichen („1 – 2 Umdrehungen, Tag Rotationsgeschwindigkeit, 5 – 6 Umdrehungen, heute bis unendlich, im Transit Ausdehnung, Dauer drei Sekunden“) wird das schon schwieriger. Die Künstlerin Jorinde Voigt versteht das „Bild als Erweiterung vom Text“. Sie betreibt eine Art Analyse ihrer eigenen künstlerischen Handlungen und schreibt diese sofort auf das Blatt nieder.
Doch bei all den wissenschaftlichen Begleiterscheinungen verspricht uns die Künstlerin „eine neue Art von Freude“ („A New Kind of Joy“) – so der Ausstellungstitel. Was die Ästhetik ihrer zarten Formgebilde betrifft, so trifft das durchaus zu. Von einigen dunklen Tuschebildern abgesehen,…