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Ausstellungen: Siegen · von Annelie Pohlen · S. 266 - 267
Ausstellungen: Siegen , 2018

Landschaft, die sich erinnert

Museum für Gegenwartskunst 10.06. – 30.09.18
von Annelie Pohlen

Was die kolportierten Fakten angeht, ist die Vertreibung aus dem Paradies eine eher einfältige Erzählung über Konflikte zwischen dem Menschen und seiner Umgebung. Doch selbst das über Jahrtausende anwachsende Wissen über die zerstörerischen Potentiale in und an der Natur hat der Sehnsucht nach einer Rückkehr nichts anhaben können. Sie labt sich auch in der Kunst an den seltsamsten Blüten im Wildwuchs idyllischer wie katastrophischer Bilderfluten.

Den inzwischen gängigen Reflexionsmustern aus zwanghafter Identitätssuche in Landidyllen, Flucht in regionale Abschottung und auch wohlfeiler Erregung über Naturzerstörung widersetzen sich in Siegen 24 KünstlerInnen und Künstlergruppen in hoch komplexen künstlerischen Transformationen ökonomisch und kriegerisch verwüsteter, von Okkupation und wechselnden nationalen Zugriffen gezeichneter Landschaften.

Dass Eva Schmidt und Kai Vöckler gemeinsam mit der ortsansässigen Universität, dem Museum of Contemporary Art, Bukarest, dem Center for Decontamination, Belgrad und der Sint-Lukas Galerie, Brüssel, in dieses Spektrum die „Flucht nach Ägypten“ des aus Siegen nach Antwerpen ‚migrierten’ Peter Paul Rubens einschleusen, mag man als raffinierten Coup abtun. Inspirierender scheint gleichwohl ein Kurzschluss mit anderen Erzählungen, jener von der Flucht des als Erlöser aus dem Elend der Vertreibung verheißenen Kindes mit seiner Familie und all jenen Namenlosen, die durch Andreas Mühes unglaublich friedliche Nachtlandschaft am Waldrand ziehen, ohne irgendwo ankommen zu dürfen. Wird sich die Landschaft ihrer je erinnern? Oder muss erst die Vernichtungsindustrie des Krieges mit pompösen Baukörpern und Gedenkstätten nachhelfen, von denen die unterkühlten Schwarz-Weiß-Fotos in Paul Virilios „Bunkerarchäologie“ oder die in grandiosen Naturkulissen posierenden heroischen…


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