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Titel: Insel Austria · von Helmut Draxler · S. 244 - 245
Titel: Insel Austria , 1987

Martin Walde

geb. 1957 in Innsbruck, lebt in Wien

Die luftige Höhe ist Martin Waldes Element. Einmal war das Flugzeug ein wichtiges Motiv, dann der Papierdrache, letztendlich der Seiltänzer. Anschmiegsame Drahtformen, lineare Zeichnung, lichtdurchlässige Wachstauben sowie raffinierte Balancen verwandeln leibliche Zuständlichkeiten in bewegungstypische und anonyme Leitbilder des Seins. Die Überwindung der Schwerkraft, die Aufhebung jedes erdigen Tiefenbezuges sind Waldes prinzipielle Anliegen.

Solche windgeblähten, musikalisch schwingenden Kunstwelten werden von Comics-Figuren, Science-fiction-Helden, travestierten Ku-Klux-Klan-Mimen, von Gestalten aus Tourismus, Stierkampf und Sport, Heiligenlegenden und Buchmalereien sowie neuerdings von Zirkusakrobaten bevölkert.

Walde nahm gewissermaßen Yves Kleins berühmten »Sprung in die Leere« buchstäblich und glich die aktuelle Seinsweise einem solchen post festum an. Nicht als Zitate werden die verschiedenen Trivialbereiche abgerufen, sondern in feiner Ironie, getragen vom lockerrhythmischen Pinselduktus, in die autonomen Bildszenerien hineingeschrieben. (…)

Zu Beginn standen die oft großformatigen Zeichnungen mit ihrem spannungsvollen Nebeneinander von euphorischen All-Over und gähnender, aber präzis ausgegrenzter Leere. Türhüter, Ecklösungen, »genetische« Linien, Rotationsmodelle u.ä sollten sich den räumlichen Rahmen immer erst abstecken, nie war er vorgegeben, weder illusionistisch noch imaginativ.

In der Folge reduzierten die Zeichnungen sich zu immer prägnanteren, typischen Formen und die Räume uferten in die Installation, Drahtgerüste und Segeltücher, Zelte, Wimpeln und Fahnen aus. Darin erst wurde Walde zum Choreographen des Aufwindes und des Absackens.

Im neuesten Werk ist die Erzählfreude nun entschieden gebremst, eine wieder betonte Flächigkeit rückt vor, und die Figurentypen entstammen einem oft langwierigen Filtrierungsprozeß, um die optimale Anpassung des Organischen, der inneren Beweglichkeit, an die äußeren, luftigen Lebensumstände zu erreichen, sei es durch kreuzhohle Körperwölbung mit fliehendem, peitschendem…

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