Süreyyya Evren
Mein Park, meine Entscheidung *
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Eigentlich wollte ich für den „Urban-Performance“-Band des Kunstforums Performances und Aktionen im öffentlichen Raum von Istanbul erörtern. Ich wusste, dass es nicht allzu viele Werke und eine nur schwach ausgeprägte Szene geben würde, die ich behandeln könnte. Obwohl die zeitgenössische Kunst in Istanbul seit Mitte der 2000er-Jahre eine Blütezeit erlebt, steht öffentliche Kunst hier nicht im Zentrum. Ich hatte geplant, erst Beispiele zu geben und dann zu diskutieren wieso wir, die zeitgenössische türkische Kunstwelt, so wenig interessiert sind am öffentlichen Raum, obwohl Istanbul soviel bietet. Mit ihren fast 18 Millionen Einwohnern ist es in vielen Hinsichten eine riesige, chaotische Stadt. Was für eine Quelle interessanter Verbindungen, Gegensätze und Beziehungen! Trotzdem sind wir, was städtische Performance angeht, vielleicht etwas schüchtern. Wie reflektieren wir das soziale Netz von Begegnungen in der Stadt, wenn wir über öffentliche Kunst in Istanbul sprechen? In der türkischen zeitgenössischen Kunstwelt hatten wir nie genug lokale Energie für öffentliche Kunst. Es gibt keine Basis, auf der man Vorschläge für öffentliche Kunst bewerten, diskutieren oder anregen könnte. Die politische Kraft der zeitgenössischen Kunst wurde recht früh, Mitte der Neunzigerjahre, aus dem öffentlichen Raum verbannt. Dabei spielte auch eine Rolle, dass der türkische Marxismus zeitgenössiche Kunst als politisches Medium ablehnte.
Und dann wurde plötzlich ein kleiner Protest zum Schutz eines kleinen öffentlichen Parks im Stadtzentrum zum riesigen revolutionären Moment für uns alle. Die Stadt wurde in ihren Grundfesten erschüttert; bald war nicht nur Istanbul, sondern eine ganze Nation auf…