ANDRÉ SCHMID
Schritte in seismographischer Aufmerksamkeit
MIKE TYLER, BOB GRAMSMA, DANIELE BUETTI, JÖRG LENZLINGER UND PERFORMANCES VON VICTORINE MÜLLER, IRENE BACHMANN UND JOKO
Der Garten Natur
Kontemplation und Imagination sind mit dem Garten aufs Engste verknüpft. Im Gegensatz zum Park, wo seit dem 19. Jahrhundert Volkssport, Hygiene und soziale Interaktion in der Öffentlichkeit im Vordergrund steht. Der Garten jedoch ist ein Ort des Privaten. Hier kommt die Fantasie zum Tragen, das spielerisch Verträumte. Da verdichtet sich unsere Naturauffassung und somit ist er par excellence ein Spiegel seiner Zeit. Hier ist der Ort, wo unsere im Kopf gemachten Landschaftsbilder unmittelbar Gestalt annehmen, wo Landschaften mimetisch nachgebildet werden und somit die Welt faßbar wird.
Im Garten kommt vieles zusammen – es ist ein Ort der Differenz. Gert Mattenklott schreibt: “Insofern ist der Garten eine Zwischenwelt, nicht gänzlich göttliche Natur, sondern deren Nachahmung; nicht säkular, sondern Vorschein der Gotteswelt … in jeder Hinsicht stationär, transitär und – soll der Augenblick währen – der Pflege bedürftig.”1 Der Garten ist also eine Zwischenwelt, in der Natur und Kultur zu einer eigenständigen Form finden. Nach Peter Handke ist der Garten ein Ort an der Peripherie der Stadt, von wo aus das Zentrum der Kultur problematisch wird.2 Hier in den Vorstadtbereichen breitet sich ein Gartengürtel aus. Da wo die Stadt, aber auch umgekehrt das freie Land ihre Klarheit verliert. Der Garten ist auch Arkadien, diese griechische Ideallandschaft in den Bergen des Peloponnes, in der das Mischwesen Pan, Tier und Mensch zugleich, mit seinen behaarten Schenkeln und gespaltenen Hufen sein Reich hat.3…