Andreas Gursky
»Das Eigene steckt in den visuellen Erfahrungen«
EIN GESPRÄCH VON HEINZ-NORBERT JOCKS
Andreas Gursky, der Fotograf, der mit Bewußtsein sieht, ist weder ein Romantiker, wenn er sich der Landschaft als klassischem Thema widmet, noch ein Abenteurer, der zu unbekannten Ufern aufbricht, sondern so etwas wie ein seine Aufmerksamkeit gleichmäßig auf das Gesamtbild verteilender Chronist, der auf Distanz zu meist bekannten Erscheinungen drängt. Als Becher-Schüler pflegt er wie seine Kollegen einen objektivierenden Stil, begleitet von konzeptionellen Überlegungen, die nie vordergründig werden. Daß er auf so etwas wie Totalität hinaus will, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau, merken wir hier wie dort. Oft stellen sich seltsame Dejà-vues ein, als hätte man mit eigenen Augen gesehen, was Gursky präsentiert. Ob es um den niederländischen Flughafen Schiphol oder um Norman Fosters Hongkong Shanghai Bank geht, ob die Börse von Hongkong als Doppelbild einmal vollständig erscheint, ob wir mit dem Fotografen in die Turner-Sammlung der Londoner Tate Gallery eintreten oder ob wir Skiläufern von weitem zusehen, wie sie ihre Schneespuren ziehen, nie ist der Blick unschuldig. Wieder und wieder können wir den in den Bildern verankerten Hinweisen kunthistorischer Art nachgehen. Daß er weniger das Individuum, sondern mehr die Menschheit als solche im Visier hat, was dann gelegentlich wie ein Ornament der Masse wirken kann, ist eine Spezialität, die auf Verallgemeinerung per Entfernung vom Motiv zielt. Mit Andreas Gursky sprach Heinz-Norbert Jocks in seinem Düsseldorfer Atelier.
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Heinz-Norbert Jocks: Warum fotografierst du?
Andreas Gursky: Mehr oder weniger da hineingeboren, übe ich die Fotografie in der dritten Generation aus. Mein Großvater…