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Titel: Künstler als Gärtner · von Eva-Maria Schön · S. 83 - 85
Titel: Künstler als Gärtner , 1999

EVA-MARIA SCHÖN
Innere Gärten

Gärten sind Orte, wo etwas wächst. In einem Gartenraum hineinsehen ist wie ein Wandern der Augen von der Baumspitze bis zum Boden. Die Betrachtung des Gartens ist eine Raumbetrachtung. Die guten Gärten sind grenzenlos – sie haben keinen Rand – oder es gibt Büsche und Bäume, die das Gartenende unscharf zeichnen. Dahinter könnte der Garten endlos weiterwachsen. Je kleiner der Garten, desto exemplarischer muß er die Landschaft ersetzen.

Die Gärtnerin ist eine Gestalt, die sich locker im Garten bewegt. Sie schlendert geradezu ohne festes Ziel, denn es ist ihr erlaubt, die Gartenwege zu übertreten. Eine arbeitende Gärtnerin kommt überall hin, denn zur Pflege muß ihr Bewegungsraum unbegrenzt sein. Wenn ihr die Pflanzen im Wege stehen, drückt sie mit dem Rücken die Zweige zur Seite. Sie will auch tief in den Schatten, dort, wo man nicht von außen hineinsehen kann. Gärtner bücken sich oft.

Die Mikrowelt des Gartens erfahre ich durch das Näherkommen. Ich stehe an einem See, ich betrachte Uferrand und Oberfläche. Sein Boden bleibt mir verborgen. Die Wasserfläche spiegelt die Umgebung wider. Ich bücke mich und entnehme eine Wasserprobe, einen Teil vom ganzen See. Die Gärtnerin verläßt den Ort und setzt sich in einem Labor an ein Mikroskop. Ich beobachte die schwimmenden Organismen und halte sie fotografisch fest. Ich zeige später die vergrößerten Fotografien am Ufer des Sees: die inneren Gärten, die ich nicht sehen konnte, sind (als Ausschnitte) durch die Fotografie sichtbar geworden. Sie sind Bild und bleiben dem Element Wasser gegenüber distanziert.

Die Idee des inneren Gartens…


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von Eva-Maria Schön

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