Sehen ohne Ufer:
Vom unaufhaltsamen Aufstieg der Künstlerkuratoren
Von Heinz-Norbert Jocks
Der vor Jahren bereits eingeläutete Trend zum Künstlerkurator scheint in eine heiße Phase eingetreten zu sein. Sowohl die Manifesta in Zürich als auch die Berlin Biennale kürten Künstler zu Meisterregisseuren ihrer jüngsten Ausgabe. In Berlin trat das New Yorker Kollektiv DIS an, das sich mit seinem gleichnamigen interdisziplinären Internetmagazin aufgrund ihrer fröhlichen Vernetzung mit Kreativen der unterschiedlichsten Disziplinen aus aller Welt international breite Aufmerksamkeit und entsprechende Neugierde auf sich zog, und in Zürich Christian Jankowski, der, als individueller Einzelkünstler seit Jahren das Prinzip Kollaboration kultivierend, daraus seine kuratorische Idee ableitete und so ganz bei sich und seinem speziellem Kunstverständnis blieb. Er inspirierte die von ihm Eingeladenen dazu, temporär mit Repräsentanten anderer Professionen zu kooperieren, und das wohl in der Hoffnung, dass sich durch diese alternative Form der nochmaligen Erweiterung des Kunstbegriffs sich erstens neue Publikumsschichten erschließen lassen und zweitens die Kunst in andere Richtungen ausscheren oder sich zu neuen Höhen aufschwingen kann. Wie ein Theaterregisseur, der, sein Konzept der Inszenierung eines Stückes auf die Bühnenakteure projizierend, seine Idee mit ihnen teilt und sie in dem dadurch vorgegebenen Rahmen frei und auf ihre je eigene Weise improvisieren lässt, ist er nicht nur ein passionierter Ideenstifter und Überredungskünstler. Vielmehr der alle Fäden in Händen haltende Hauptautor, der andere Co-Autoren um sich versammelt und sie in ein seine Handschrift tragendes Konzept einbindet. Für die Dauer des Projektes werden diese unweigerlich zu Wahlverwandten unter den Fittischen seiner Regie.
In beiden Fällen, sowohl in Zürich als auch…