Wohlfühl-Manifesta
von Max Glauner
Selten schlug einer Manifesta so großer Gegenwind entgegen wie in Zürich – das wundert bei genauerem Hinsehen wenig. Schon bei ihrem Titel „What People Do for Money“ scheiden sich die Geister in der Zwinglistadt. Teilhabe lautet ihr Prinzip – dabei sind nicht nur einige herausragende Arbeiten entstanden, sondern es ist auch eine beachtlich runde und unaufgeregte Manifesta11 gelungen.
I. ES LÄCHELT DER SEE, ER LADET ZUM BADE
Einen schöneren Ort auf der Welt lässt sich kaum denken: Sanft wiegen die Wellen der Dampfer mit Fahrt zum Bürkliplatz die Plattform aus Eisen und Holz auf dem Seegrund vertäut. Vor einem das blaue Wasser, grüne Hügel, Häuser, in denen glückliche Menschen leben müssen, und dahinter die weiße Kette der Alpengipfel. Hinter einem die Altstadt mit ihren Türmchen und weitab die Banken am Paradeplatz, das neue Zürich mit seinem City-West-Gelärme und mediokren Neubauten, über die die Basler nur milde lächeln können, wie über den alljährlichen Ritt der Stadtzürcher Honoratioren um den Böögg zum Sechseläuten auf dem Platz am Bellevue gleich links nebenan. Mit dem „Pavillon of Reflections“ ist der Manifesta11 und ihrem Kurator Christian Jankowski, dem ersten Künstler unter ihren künstlerischen Leitern, ein Coups gelungen.
Und auch das hat Premiere: Zum ersten Mal in der zwanzigjährigen Geschichte der Wanderbiennale gibt es mit dem Pavillon, der von weitem wie eine Kirche anmutet, einen zentralen Ort, ein Pilgerziel mit Kino, Bar und Badegelegenheit. Er ist bis in die Nacht geöffnet – ein niederschwelliges Angebot an alle, das der Manifesta11 Sichtbarkeit verleiht und das obendrein als Kollaboration…