Thomas W. Kuhn
Tobias Zielony
»Jenny Jenny«
Berlinische Galerie, 21.6. – 30.9.2013
Ausgerechnet das Bild eines Vorhangs wurde ausgewählt, um die Einzelausstellung von Tobias Zielony (*1973 in Wuppertal) in dem Kreuzberger Ausstellungshaus zu bewerben, Signum des Verbergens und nicht des Zeigens, es sei denn, man wollte ihn doch als Bühnenvorhang deuten. Dabei bietet die neue Bildserie “Jenny Jenny”, die 2013 in Berlin entstand, weitaus verlockendere Motive an, denn immerhin entstanden die 38 ausgestellten Fotografien im Umfeld junger Frauen, die – wie es von Seiten des Museums sprachpolitisch korrekt formuliert wird – “ihr Geld mit Sexarbeit verdienen.” In der Ausstellung selbst klärt sich die Zurückhaltung, denn es geht um den Schutz der Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen mit der Folge, dass im Gegensatz zu den restlichen Ausstellungsräumen der Berlinischen Galerie, in den Räumen mit den Werken von “Jenny Jenny” nicht fotografiert werden darf. Gleichzeitig entgehen Museum und Künstler mit ihrer klugen Wahl des Vorhangs als Aufmacher dem potenziellen Vorwurf der sexistischen Ausbeutung der jungen Frauen für Werbezwecke.
Zielony selbst sieht sich dennoch durchaus mit Fragen konfrontiert, die seine Bilder der jungen Prostituierten aufwerfen; es ist im weitesten Sinne eine Debatte, die schon vor Jahrzehnten um Helmut Newtons ganz anders geartete Bilder geführt worden ist: Hier der aktive männliche Fotograf – dort die angeblich zum passiven Objekt degradierte Frau. Über die spezifisch feministische Perspektive hinaus, handelt es sich um ein allgemeines Problem, das im Zuge des Realismus seit Mitte des 19. Jahrhunderts jede Art von künstlerischer Milieustudie begleitet: Führt der besondere gesellschaftliche Status des Künstlers und…